TA_SWISS: Fortpflanzungsmedizin: Künstliche Befruchtung wirft Fragen auf
Bern (ots)
Die ungewollte Kinderlosigkeit betrifft heutzutage bis zu 15 Prozent aller Paare. Einigen davon kann die Fortpflanzungsmedizin helfen. Für die Gesellschaft stellen sich gesundheitspolitisch brisante Fragen: Ist Kinderlosigkeit eine Krankheit? In wieweit soll die Grundversicherung Eingriffe der Fortpflanzungs-medizin übernehmen? Ist das Verbot der Präimplantationsdiagnostik noch angebracht? Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS und das Bundesamt für Sozialversicherung diskutieren dazu verschiedene Fragen mit Bürgerinnen und Bürgern.
Jeden Tag kommen heute in der Schweiz zwei Babys zur Welt, die ausserhalb des weiblichen Körpers gezeugt worden sind. Dies entspricht rund einem Prozent aller Geburten. Die Leistungen der Fortpflanzungsmedizin werden in der Schweiz zunehmend in Anspruch genommen. Im Jahr 2000 wurden in schweizerischen Fortpflanzungskliniken über 4600 Behandlungszyklen vorgenommen. Verglichen mit 1995 sind das mehr als doppelt so viele. Dabei liegt die Erfolgsrate bei der In-vitro-Fertilisation pro Behandlung bei 20 bis 25 Prozent. Neben den medizinischen Untersuchungen, welche die kinderlosen Paare über sich ergehen lassen müssen, kommen psychologische und finanzielle Belastungen hinzu. Die Grundversicherung übernimmt derzeit nur einen geringen Anteil der Kosten im Zusammenhang mit der künstlichen Herbeiführung einer Schwangerschaft.
«publifocus» Die Bürgermeinungen sind gefragt
Die Fortschritte der Fortpflanzungsmedizin eröffnen eine Reihe von neuen Möglichkeiten. Die-se wiederum werfen neue gesellschaftliche Fragen auf. Das seit Anfang 2001 geltende Fort-pflanzungsmedizin- Gesetz ist eines der strengsten weltweit. Es verbietet die Eizellen- Spende, die Leihmutterschaft und die Embryonenspende. Im Zusammenhang mit der In-vitro-Fertilisation ist die bis anhin in der Schweiz ebenfalls verbotene Präimplantationsdiagnostik (PID) ein umstrittenes Thema. Soll die PID in Zukunft in der Schweiz zugelassen werden? Soll die In-vitro-Fertilisation von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt werden? Wel-ches sind die Chancen und Risiken der künstlichen Befruchtung aus Sicht der Bevölkerung? Wie weit soll die Fortpflanzungsmedizin gehen können, um einem kinderlosen Paar zum ge-wünschten Nachwuchs zu verhelfen? Soll es ein Recht auf eigene Kinder geben? Diese und ähnliche Fragen wollen TA-SWISS und das Bundesamt für Sozialversicherung mit den Teil-nehmenden der fünf «publifocus»-Veranstaltungen diskutieren.
Technologiefolgen-Abschätzung im Gespräch
Das Ziel der «publifocus» Diskussionsrunden ist es, die unterschiedlichen Fragen, Meinungen und Argumente der Bürgerinnen und Bürger zu erfassen und zu analysieren. TA-SWISS führt mit dem «publifocus: In-vitro-Fertilisation» diese partizipative Methode der Technologiefolgen-Abschätzung bereits zum zweiten Mal durch. Die «publifocus» Diskussionen verlaufen wie folgt: Pro Veranstaltung nimmt eine Gruppe von maximal 15 interessierten, gemischt zusam- mengesetzten Personen teil. Diese bereiten sich mit Hilfe von Informationsblättern auf die zu diskutierenden Fragen vor. Zusätzlich erläutern ihnen zwei Fachpersonen das Thema aus un- terschiedlicher Perspektive. In der anschliessenden ca. zweistündigen moderierten Diskussion vertiefen die Bürgerinnen und Bürger die aufgeworfenen Fragen mit zwei Fachpersonen aus unterschiedlichen Bereichen. Die Resultate und Schlussfolgerungen liegen bis Mitte Jahr vor und werden den interessierten Kreisen und Behörden zur Verfügung gestellt. Sie fliessen auch in die Evaluation durch die zuständigen beratenden Fachkommissionen im Bereich der sozia-len Krankenversicherung ein (Eidg. Kommission für Grundsatzfragen der Krankenversiche-rung, Leistungskommission, Arzneimittelkommission).
Die «publifocus» Veranstaltungen finden statt am: 24.2.03 publifocus Deutschschweiz, Lenzburg; 25.2.03 publifocus Ticino, Lugano; 7.3.03 publifocus Romands, Lausanne; 13.3.03 publifocus Adoption, Genève; 19.3.03 publifocus IVF, Zürich
Die «publifocus» Informationsblätter sind auf dem Internet unter www.ta-swiss.ch in drei Spra-chen (d/f/i) abrufbar.
Auskünfte erteilen: Dr. Sergio Bellucci, Geschäftsführer TA-SWISS, Bern, Tel. 031 322 99 66, Tel. 079 312 93 73 Dr. Danielle Bütschi, Projektleiterin TA-SWISS Genf; Tel. 022 348 05 77 Dr. Pedro Koch, Bundesamt für Sozialversicherung, Bern (Präsident der Begleitgruppe); Tel. 031 322 91 25
Bern, 19.02.03