Discours Suisse - Eidg. Abstimmung vom 16. Mai: Unentschiedene Romandie vor der Abstimmung über das Steuerpaket
Querverweis auf Karikaturen: www.newsaktuell.ch/d/story.htx?nr=100474221
Von Regina Weick, sda
Genf (sda/ots) Ein grosser Teil der Romands hat sich gut zwei Wochen vor der Abstimmung vom 16. Mai noch nicht für oder wider das Steuerpaket entscheiden können. Und nur wenige wissen, worum es im Detail geht.
"Was ich über das Steuerpaket denke? Ich weiss nicht einmal, worum es geht", antworten viele Befragte. Jene, die die Kampagne verfolgen, beurteilen die Vorlage als "sehr kompliziert" und möchten lieber die Abstimmungsunterlagen konsultieren, bevor sie sich dazu äussern.
"Früher oder später werde ich mich der Diskussion stellen müssen, nur schon um zu wissen, worüber wir abstimmen. Ich habe das Gefühl, dass es um den Geldbeutel geht und da möchte ich nicht andere entscheiden lassen", sagt der Waadtländer Kleinunternehmer Walter Sepe.
Kritik am Multipack
Unter den gut Informierten kritisieren viele, dass das Multipack den Stimmenden keine Wahl lasse, über einzelne Vorschläge zu entscheiden. "Ich bin einverstanden mit den Steuererleichterungen für Familien", sagt ein Genfer Geschäftsmann. "Aber es ist ungerecht, mit der Abschaffung des Eigenmietwertes jene zu privilegieren, die das Glück haben, ein eigenes Haus zu besitzen."
Aufgrund der bisherigen Umfragen könnte die mangelnde Aufteilung des Paketes zu dessen Ablehnung führen. Laut einer Umfrage der SRG SSR idée suisse unterstützt die Mehrheit der befragten Personen die Steuererleichterungen für Familien und die Korrektur der Ungleichbehandlung von Verheirateten und Konkubinatspaaren. Die Abschaffung des Eigenmietwertes stösst hingegen auf Ablehnung.
Die Meinungen in dieser Frage scheinen aber auch je nach Kanton stark auseinander zu gehen: Während sich die Opposition in Genf stark profiliert, wo der Mieteranteil in der Bevölkerung rund 90 Prozent beträgt, könnte sie im Wallis durch den grossen Anteil Hausbesitzer abgeschwächt werden.
Persönliche oder allgemeine Interessen
Unterschiedlich reagieren auf das Steuerpaket auch die Angehörigen verschiedener Berufe und politischer Strömungen. "Da rein finanzielle Fragen zur Diskussion stehen, werden wohl viele aufgrund ihrer persönlichen Situation entscheiden", bemerkt ein Ökonom einer Genfer Privatbank.
Der Genfer FDP-Nationalrat John Dupraz sieht durch die Meinungsverschiedenheiten gar den nationalen Zusammenhalt aufs Spiel gesetzt, wie er gegenüber dem Westschweizer Radio (RSR) sagte.
Anderer Meinnung ist der Staatsrechtler Andreas Auer. Die Abstimmungsvorlage sei enorm komplex. "Da ist es nur normal, dass das Stimmvolk gespalten ist." Aufgrund der Wichtigkeit der Vorlage sei auch der Abstimmungskampf ausserordentlich früh lanciert worden, nämlich weit vor den üblichen drei bis vier Wochen.
Knappes Resultat
"Der Souverän zeigt in der Schweiz eine starke Reife", analysiert Auer. Abstimmungsfragen würden jeweils genau geprüft und die Konsequenzen abgewogen, vor allem wenn es um finanzielle Fragen gehe.
"Das Resultat wird knapp sein und es ist nicht auszuschliessen, dass das Paket trotz der Steuererleichterungen abgelehnt wird." Auer erinnert an den Kanton Neuenburg, wo die Mehrheit der Stimmenden am 28. März die Mutterschaftsversicherung, den Erziehungsbonus für Kinder und die Steuersenkungen aus Angst vor einem noch grösseren Loch in der Kantonskasse abgelehnt hatte.
"Abstimmungen dieser Art, in denen das Stimmvolk die allgemeinen Interessen vor die persönlichen stellt, zeugen von einer ausserordentlichen Reife der direkten Demokratie", sagt Auer.
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