Discours Suisse: Jugendarbeitslosigkeit - Sorgenfalten, aber kein Kopfzerbrechen im Tessin
Lugano (sda/ots) -
Von Omar Gisler, sda
Eine Lehrstelle findet im Tessin jeder. Ein böses Erwachen gibt es für die Jugendlichen dann aber beim Eintritt in den Arbeitsmarkt: Bei der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen ist die Arbeitslosenquote mit 9,8 Prozent überdurchschnittlich hoch.
Die allgemeine Wirtschaftsflaute und die Personenfreizügigkeit sind für CVP-Nationalrat und Gewerkschaftssekretär Meinrado Robbiani schuld an der Misere: "Für die Firmen ist es einfach, gut qualifiziertes Personal mit Erfahrung im benachbarten Ausland zu rekrutieren."
Links liegen gelassen würden häufig die Jugendlichen, die ausser dem Lehrabschluss noch über keine grosse Berufserfahrung verfügten.
Robbiani bezeichnet diese Entwicklung als "sehr beunruhigend".
Die Forderungen der CVP
Die CVP hat deshalb Anfang März im Tessiner Kantonsparlament eine Motion eingereicht, die ein sieben Punkte umfassendes Massnahmenpaket zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit fordert.
Vorgeschlagen wird, dass schlecht qualifizierte Jugendliche besser ausgebildet werden, indem man sie beispielsweise für Stages in die Deutschschweiz oder ins Ausland schickt.
Weiter verlangt die Motion die Einführung von so genannten Beschäftigungsverträgen zwischen dem Kanton und den grössten Firmen, die Lancierung von Informationskampagnen sowie eine profunde Analyse der Gründe für die Jugendarbeitslosigkeit.
Nüchternheit beim Kanton
Während die Gewerkschaften beunruhigt sind, herrscht beim Kanton Ruhe: "Es war schon immer so, dass die 20- bis 24-Jährigen von der Arbeitslosigkeit am stärksten betroffen waren. Nur das Ausmass ändert sich", sagt Sergio Montorfani, Chef der Sektion Arbeit beim Tessiner Wirtschaftsdepartement.
Er verweist darauf, dass die Situation in den 1990er Jahren viel schlimmer gewesen sei. 1997 habe die allgemeine Arbeitslosenquote im Tessin 7,8 Prozent betragen (heute liegt sie bei 5,4 Prozent).
Da man seit Jahrzehnten Erfahrungen mit italienischen Pendlern habe, müsse man auch keine Angst vor den Auswirkungen des freien Personenverkehrs haben. Laut Montorfani ist das Tessin für die Auswirkungen der Bilateralen deshalb besser gewappnet als die meisten Kantone der Deutschschweiz.
"Die Arbeitslosigkeit ist das wahre Problem"
Solche Aussagen wertet Giuliano Bignasca als Pfeifen im Wald. Der Lega-Präsident ist überzeugt, dass sich die Lage auf dem Tessiner Arbeitsmarkt weiter verschlimmern wird - zum einen wegen der schwachen Konjunktur, zum anderen wegen den Bilateralen.
Der Tessiner Regierung wirft der Bauunternehmer eine Verkennung der Realität vor: "Das wahre Problem des Tessins und der Tessiner ist die Arbeitslosigkeit. Doch statt etwas dagegen zu unternehmen, kümmert sich unser Staatsrat um Rauchverbote oder Verordnungen für Motorschlittenfahrten", kritisierte Bignasca neulich in seiner Parteizeitung.
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