International Union of Angiology
Neue internationale Leitlinien betonen evidenzbasierte Empfehlungen zur Prävention der venösen Thromboembolie (VTE) - ein weltweit wichtiges Krankheitsbild
Lisabon, Portugal (ots/PRNewswire)
Die neu herausgegebene Version der Internationalen Konsenserklärung zur Prävention und Behandlung der venösen Thromboembolie, einem Konsensdokument führender Experten, das sich speziell der Prävention und Behandlung der venösen Thromboembolie (VTE) widmet, wurde auf dem 22. Kongress der International Union of Angiology in Lisabon, Portugal, vorgestellt.
"Diese internationalen Leitlinien geben Empfehlungen, die auf einer strengen Überprüfung von klinischer Evidenz durch eine grosse Gruppe von internationalen Experten beruhen. Diese evidenzbasierten Leitlinien bieten Empfehlungen zu angemessenen Therapien und medizinischen Strategien, die bei den verschiedenen Kategorien von Patienten mit einem Risiko für VTE Anwendung finden können", sagte Prof. Andrew Nicolaides, emeritierter Professor, Imperial College, London, UK, und Vorsitzender des Redaktionskomitees der Leitlinien.
VTE wird jetzt allgemein als ein bedeutendes weltweites Gesundheitsproblem angesehen. Die jährliche Inzidenz von VTE in Europa und Nordamerika beträgt ungefähr 160 pro 100.000 für TVT und 20 pro 100 000 für die symptomatische nichttödliche Lungenembolie (Pulmonalembolie, PE) bei einer Häufigkeit der tödlich verlaufenden Lungenembolie von 50 pro 100 000.
Die Hauptpunkte der 2006-Leitlinien sind nachfolgend aufgeführt:
- Besonders betont wird die Thromboseprophylaxe sowohl bei internistischen als auch bei chirurgischen Patienten. Internistische Patienten verursachen den grössten Teil der krankheitsbedingten Belastung. Die tödlich verlaufende PE ist die vorherrschende Ursache für den plötzlichen Tod internistischen Patienten im Krankenhaus und Schätzungen zufolge kann es bei nicht weniger als 1 von 20 von diesen zu einer tödlich verlaufende PE bei Fehlen einer angemessenen VTE-Prophylaxe kommen.
- Es wird dringend empfohlen, dass "alle akut erkrankten internistischen Patienten routinemässig hinsichtlich ihres VTE-Risikos überprüft werden und eine geeignete Thromboseprophylaxe erwogen wird."
- Dabei liegt das Hauptgewicht auf einer Prophylaxe, die hinsichtlich der Wahl des Wirkstoffs und der Anwendungsdauer angemessen ist. Bei einigen Patienten ist eine längerfristige Prophylaxe für bis zu 4-6 Wochen erforderlich.
- Als alternative Behandlungsoption, wenn eine pharmakologische Prophylaxe kontraindiziert sein sollte, werden mechanische Methoden wie intermittierende pneumatische Kompression (IPK) und abgestufte Kompressionsstrümpfe zur Prophylaxe einer tiefen Beinvenenthrombose empfohlen.
- Das VTE-Risiko ist bei Krebspatienten besonders gross. Thrombose ist die zweithäufigste Todesursache bei Patienten mit einer bekannten Krebserkrankung. Bei Krebspatienten steigern bekanntermassen sowohl die fortschreitende Krankheit als auch die gegen den Krebs gerichtete Therapie das Thromboserisiko. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass bei Patienten mit hohem Thromboserisiko eine adäquate Prophylaxe durchgeführt wird.
- Die verschiedenen, in den Leitlinien empfohlenen Therapieoptionen werden anhand der Verfügbarkeit von spezifischer klinischer Evidenz in jeder klinischen Situation für jede Methode der Prophylaxe ausgewählt. Heparine mit niedrigem Molekulargewicht (niedermolekulare Heparine NMHs) bleiben die Hauptstütze bei Prävention und Behandlung der VTE ("Die Wahl des niedermolekularen Heparins sollten den Grad der klinischen Evidenz und die Zulassung durch die Aufsichtsbehörden für die jeweilige Indikation berücksichtigen.")
"VTE ist ein bedeutendes Gesundheits- und ein lebenswichtiges Patientensicherheitsproblem. Bei der überwiegenden Mehrheit der dem Risiko ausgesetzten Patienten kann das Krankheitsbild verhindert werden, wenn für eine adäquate Prophylaxe gesorgt wird", betonte Dr. Ajay Kakkar, Leiter des Centre for Surgical Sciences an der Barts and the Queen Mary's School of Medicine and Dentistry in London sowie des Thrombosis Research Institute, London, GB, Mitvorsitzender des Redaktionskomitees der Leitlinien.
"Die Umsetzung der Strategien zur routinemässigen Prüfung des VTE-Risikos ist ein wichtiges Ziel, das zur Prävention dieser Erkrankung beitragen wird. Die IUA wird sich weiterhin für eine grosse Verbreitung der neuen Konsensrichtlinien und deren Umsetzung engagieren", sagte Professor Jawed Fareed, Direktor der Haemostasis and Thrombosis Research Laboratories an der Loyola University, Chicago, USA, Mitvorsitzender des Redaktionskomitees der Leitlinien.
Hintergrund
Information zu VTE - VTE entsteht, wenn sich ein Blutgerinnsel, ein so genannter Thrombus, in einer Vene bildet und das Blutgefäss verengt. VTE schliesst die tiefe Venenthrombose (DVT) und die Lungenembolie (PE) ein. Eine Lungenembolie ist eine lebensbedrohliche Komplikation, die dann auftritt, wenn sich ein Blutgerinnsel im Gefäss löst, in den Kreislauf gelangt und sich dann in der Lunge festsetzt. Eine Faktoren-Trias prädisponiert einen Patienten für die Entwicklung einer VTE: venöse Stase, Veränderung der Blutzusammensetzung und Veränderungen der Gefässwände. Wenigstens zwei Faktoren müssen zusammenkommen, damit es zu einer VTE kommen kann. Zu den wichtigsten prädisponierenden Faktoren gehören Immobilisierung, Verletzungen, Operationen, Infektionen und die Zeit nach der Niederkunft. Zu den weiteren prädisponierenden Faktoren zählen Alter, Adipositas und Krebs; Venenthrombose in der Vorgeschichte, Varizen, Dehydrierung und Hormontherapie (empfängnisverhütende Behandlungen...), die sich oft vor dem Hintergrund einer Thromboseneigung darstellen.
Informationen zu IUA - Die International Union of Angiology (Internationale Angiologie-Union) ist eine Gesellschaft für Gefässmedizin, Gefässchirurgie und endovaskuläre Interventionen. Die IUA wurde 1950 gegründet und vereint jetzt Experten aus 71 verschiedenen Ländern. Ihr Ziel ist es, auf internationaler Ebene wissenschaftliche Erkenntnisse zu allen Aspekten der Angiologie zu fördern, indem sie Grundlagenforschung und klinische Studien anregt. Internationale Konferenzen werden jedes zweite Jahr abgehalten.
Informationen zu den Leitlinien - Die Leitlinien bieten die Evidenz in komprimierter Form und bemühen sich darum, nicht nur die Stärke der Wirkung von unterschiedlichen Prophylaxeschemata aufzuzeigen, sondern auch die Qualität der Studien. Weiterhin werden auch Informationen zur Sicherheit (klinisch relevante Blutungen und andere Nebenwirkungen) geboten. Wenn keine randomisierten und kontrollierten Studien zur Verfügung stehen, wird auf den Mangel an Daten hingewiesen und Empfehlungen für das Studiendesign von geeigneten Untersuchungen gemacht.
Das System der von den Richtlinien verwendeten Gradeinteilung ist mit dem internationalen hohen Standard im Einklang:
Grad A-Empfehlungen basieren auf Ebene 1-Evidenz aus randomisierten, kontrollierten Studien mit konsistenten Ergebnissen (z.B. in systematischen Reviews), die direkt auf die Zielpopulation angewendet werden können. Einzelne randomisierte und kontrollierte Studien wurden nicht als Ebene 1 akzeptiert, selbst wenn sie von hoher Qualität und einwandfreier Methodik waren. Diese wurden als Grad B klassifiziert.
Grad B-Empfehlungen basieren auf Ebene 1-Evidenz aus randomisierten, kontrollierten Studien mit weniger konsistenten Ergebnissen, begrenzter Power bzw. anderen Problemen der Methodik, die direkt auf die Zielpopulation angewendet werden können. Grad B-Empfehlungen basieren ebenfalls auf Ebene 1-Evidenz aus randomisierten, kontrollierten Studien, die von einer andersartigen Patientengruppe auf die Zielpopulation extrapoliert wurden.
Grad C-Empfehlungen basieren auf Ebene 2-Nachweisen aus gut durchgeführten Beobachtungsstudien mit konsistenten Ergebnissen, die direkt auf die Zielpopulation angewendet werden können.
Die Informationen werden durch die Bereitstellung von Sicherheitsdaten von jeder Studie (klinisch relevante Blutungen und andere Nebenwirkungen) vervollständigt.
Die Richtlinien sind gerade erst in International Angiology, dem offiziellen Journal der IUA, veröffentlich worden: Nicolaides AN, Fareed J, Kakkar AK, Breddin HK, Goldhaber SZ, Hull R, et al. Prävention und Behandlung der venösen Thromboembolie. Internationale Konsenserklärung (Richtlinien nach wissenschaftlicher Evidenz). Int Angiol 2006 Jun;25(2):101-61.
Pressekontakt:
Ansprechpartner: Dr. Evi Klodicki, Co-chair Scientific Committee,
IUA, Tel: +44-776570-3329