Schweizerische Herzstiftung / Fondation Suisse de Cardiologie / Fondazione Svizzera di Cardiologia
Keine Chance für ungünstige «Herz-Gene»
Aufruf zum Weltherztag
Bern (ots)
Herzinfarktfamilien tragen eine erbliche Bürde. Was können Töchter und Söhne tun, um das Risiko zu verringern? Die überraschende Antwort: Ungünstige genetische Informationen für Herz und Kreislauf lassen sich in den meisten Fällen durch ein gesundheitsbewusstes Verhalten kompensieren. Und: Erbgut-Analysen sind nur bei gezieltem Verdacht sinnvoll.
Ein Mann in seinen Fünfzigern hat soeben die Diagnose «Angina pectoris» erhalten, er leidet an verengten Herzkranzgefässen. Seine Mutter ist mit 49 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben. Nun fürchtet er um die Gesundheit seiner halbwüchsigen Kinder. «Eine solche familiäre Situation verlangt zweifellos nach einer genaueren Abklärung», sagt der Kardiologe Prof. Hans Rickli, Chefarzt am Kantonsspital St. Gallen und Stiftungsrat der Schweizerischen Herzstiftung, «denn das Risiko für einen Herzinfarkt, also für eine Durchblutungsstörung am Herzen, wird tatsächlich teilweise vererbt». Prof. Rickli befasst sich aus Anlass des internationalen Weltherztags vom 29. September unter dem Motto «Familie und Kinder» mit Fragen zu Herzinfarktfamilien. Er stellt klar: «Doch selbst wenn ein genetisch bedingtes Risiko vorliegt, soll das nicht in erster Linie Angst schüren. In den meisten Fällen ist ein gesundheitsbewusstes Verhalten wichtiger als die Erbanlage.»
Werte kennen und handeln
Gesundheitsbewusstes Verhalten heisst: die eigenen Werte kennen und seinen Lebensstil anpassen. Werte kennen: Lassen Sie Ihren Blutdruck ab 18 Jahren, Ihre Blutfette (Cholesterin) ab 40 Jahren und Ihren Blutzucker ab 45 Jahren regelmässig messen, damit Sie ein mögliches Risiko rechtzeitig erkennen und bewusst vorbeugen können. Bei erblicher Belastung: Wenn im ersten Grad blutsverwandte Familienmitglieder wie Geschwister oder Eltern früh (Männer unter 55 Jahren, Frauen unter 65 Jahren) einen Herzinfarkt oder Hirnschlag erlitten haben und somit eine erbliche Belastung vorliegen kann, sollten Sie die Werte wesentlich früher abklären - spätestens im Erwachsenenalter - und Ihren Hausarzt auf das Thema ansprechen. Mittels einfacher Untersuchungen und Fragen kann ein grosser Teil des vererbten Risikos abgeschätzt werden. Falls zum Beispiel eine vererbte Fettstoffwechselstörung (ungünstiges Cholesterin) vorliegt, kann eine frühe Behandlung die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts im jungen Alter vermindern. Verhalten: Unabhängig davon, ob ein Risiko bekannt ist oder nicht, belegt die Wissenschaft klar die vorbeugende Wirksamkeit eines herzbewussten Lebensstils. Das heisst: Rauchverzicht, Körpergewicht im Normalbereich, Kontrolle von Blutdruck, Cholesterin und Blutzucker wie unter «Werte kennen» beschrieben, täglich mindestens dreissig Minuten körperliche Bewegung, anhaltenden psychosozialen Stress vermeiden, ausgewogen (reichlich Obst und Gemüse) essen.
Keine «Herz»-Gentests auf eigene Faust
Angesichts des reichen Angebots privater Unternehmer im Internet mag es verlockend scheinen, sich die gesundheitliche Zukunft wahrsagen zu lassen. Von Gentests auf eigene Faust rät Prof. Rickli aber ab: «Solche Tests erfordern in jedem Fall eine fachkundige, neutrale Beratung. Denn wie geht man danach mit dem Befund um? Im Bereich Herz und Kreislauf sind sie nach heutigem Stand des Wissens nur in ganz bestimmten Fällen familiärer Belastung sinnvoll. Dann nämlich, wenn der Familienstammbaum und weitere klinische Abklärungen auf einen Defekt in einem einzelnen Gen hinweisen, der gezielt bei den Angehörigen einer erkrankten Person gesucht werden kann.» Solche «monogenen» Gendefekte verursachen zum Beispiel die erwähnten familiär bedingten erhöhten Blutfettwerte, aber auch eine familiär bedingte Verdickung des Herzmuskels sowie familiäre Herzrhythmusstörungen. Beim grossen Teil aller anderen Herz-Kreislauf-Krankheiten spielen ungezählte Gen-Varianten mit, die von Mensch zu Mensch verschieden sind und keine klaren Aussagen über das Risiko zulassen.
«Traditionen» prüfen
Anstelle eines verschwommenen Bildes aus der Kristallkugel empfiehlt Prof. Rickli den (selbst-)kritischen Blick auf eine andere Art eines gesundheitlichen Erbes: «Es ist bekannt, dass das Verhaltensmuster zwar nicht genetisch vererbt, aber in vielen Familien teilweise weitergegeben wird.» Die Schweizerische Herzstiftung ermutigt deshalb am Weltherztag Erwachsene und Jugendliche dazu, solche Familientraditionen zu überdenken: Bekommen die Kinder früh mit, dass Spielen im Freien mindestens so abenteuerlich sein kann wie ein PC-Game? Ist Trost auch anders als mit einer Süssigkeit möglich? Und wie war das jetzt mit dem obligaten Bier und Chips vor dem Fernseher?
Anlässe rund um den Weltherztag vom 29. September:
Rund um den 29. September veranstaltet die Schweizerische Herzstiftung zusammen mit einigen Herzgruppen und kantonalen Wanderweg-Organisationen in verschiedenen Regionen Wanderungen fürs Herz sowie Vortragsveranstaltungen. Informationen unter: www.swissheartgroups.ch/veranstaltungen
In Bern findet am 28. September auf dem Gurten erstmals der Wander- und Laufanlass «Jeder Schritt zählt!» statt. Informationen und Anmeldung: www.swissheart.ch/jsz
Zum Weltherztag vom 29. September ruft die World Heart Federation (WHF) Menschen auf der ganzen Welt zu einer herzbewussten und gesunden Lebensweise auf. 2013 richtet sich der Appell besonders an Familien, Frauen und Kinder.
Die Medienmitteilung ist abrufbar unter: www.swissheart.ch/medien
Kontakt:
Peter Ferloni, Leiter Kommunikation
Schweizerische Herzstiftung, Bern
Telefon 031 388 80 85
ferloni@swissheart.ch