Deutschland zwischen Forscherparadies und Innovationswüste - Top-Wissenschaftler beurteilen den Wissenschaftsstandort Deutschland zum 20-jährigen Jubiläum des Philip Morris Forschungspreises
München (ots)
Wie der Wissenschaftsstandort Deutschland attraktiver werden kann, ist für Politiker, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler gleichermassen bedeutsam. Welche Bedingungen finden Wissenschaftler in der deutschen Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit und welche Zukunft sehen sie? Antworten gab die deutsche Wissenschaftselite in einer TNS EMNID-Umfrage (Bielefeld) im Auftrag der Philip Morris Stiftung.
104 von insgesamt 135 Philip Morris Forschungspreisträgern aus unterschiedlichsten Disziplinen bewerteten Bedingungen für Forschung in Deutschland, auch im internationalen Vergleich. Die allgemeinen Rahmenbedingungen für Wissenschaft in Deutschland sehen sie kritisch. Gute Chancen sehen sie für wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Befragten beurteilen positiv, dass sich Wissenschaft und Wirtschaft einander stetig annähern.
Gute Chancen für Nachwuchs - nur mittelmässige Beurteilung für Rahmenbedingungen
Die Chancen für wissenschaftlichen Nachwuchs schätzen über 60 Prozent der Top-Wissenschaftler als gut oder sehr gut ein. Allerdings müsse die Förderung kluger Köpfe bereits in den Schulen anfangen, und im Hochschulsystem bestehe enormer Reformbedarf. Ein Befragter bringt die Forderung vieler auf den Punkt: "Das Beamtentum für Hochschulprofessoren muss sofort aufgelöst werden. Hochschulprofessoren müssen leistungs- und ergebnisorientiert bezahlt werden." Finanziell attraktivere Stellen sind nach Meinung der Forscher nötig, um qualifizierte Kräfte vom Abwandern in die Industrie abzuhalten.
Den allgemeinen Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Innovationen in Deutschland geben die befragten Forscher durchschnittlich die Schulnote 2,6. Hier besteht deutlich Spielraum für Verbesserungen. Vor allem Geldmangel und der bürokratische Aufwand für Anträge macht den Wissenschaftlern das Forschen oft schwer. Einige sprechen dabei von einem regelrechten "Hindernislauf", der wertvolle Zeit und Kapazitäten bindet.
Die USA als Vorbild
Die USA stehen in den Augen der befragten Preisträger besser da als Deutschland. 64 Prozent sehen die Vereinigten Staaten in Sachen Forschung als Vorbild. Dazu tragen vor allem technisch besser ausgestattete Universitäten und der geringere Verwaltungsaufwand bei. Die Befragten werten auch die amerikanische Mentalität positiv. Hier betonen sie die höhere Risikobereitschaft bei neuen Projekten und grössere Offenheit auch jungen oder unbekannten Wissenschaftlern gegenüber.
Raus aus dem Elfenbeinturm
Wissenschaftler scheuen die Öffentlichkeit zusehends weniger. Sie streben verstärkt nach öffentlichem Interesse für ihre Arbeit. 86 Prozent der befragten Preisträger sind überzeugt, dass zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit ihrem Forschungszweig nützen würde. Wobei etwas mehr als die Hälfte der Befragten das Ansehen von Wissenschaft in der Öffentlichkeit bereits als hoch oder sehr hoch einschätzt.
Forschen für die Zukunft
Bei der Frage nach den grössten zukünftigen Herausforderungen nennen die Mehrheit der Top-Forscher die Energieproblematik und den Treibhauseffekt. Die Experten fordern vor allem, den weltweiten CO2-Ausstoss zu verringern und alternative Energiequellen zu fördern. Das Bevölkerungswachstum einzudämmen, sehen viele Befragte als grosse Herausforderung; hier müsse man auch Wege finden, den Lebensstandard in Entwicklungsländern zu erhöhen. Auch die Bio- und Gentechnologie sind für die Wissenschaftler wichtige Forschungsfelder der Zukunft; sie warnen jedoch davor, ethische Gesichtspunkte zu missachten.
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Die Preisverleihung an die diesjährigen Forschungspreisträger und die
Jubiläumsveranstaltung "20 Jahre Philip Morris Forschungspreis"
finden am 9. Juni 2002 im Prinzregententheater in München statt.