Dreckige Pläne, Kommentar zu Vattenfall von Ulli Gericke
Frankfurt (ots)
Großaktionäre haben immer recht. Wenn schon Carl Icahn mit seinen überschaubaren 0,9% Aktienanteilen Apple-Chef Tim Cook zwingen kann, den geforderten Aktienrückkauf auszuweiten, welche Durchsetzungskraft hat dann ein 100%-Eigner! Wie etwa der schwedische Staat beim heimischen Erzeuger Vattenfall. Wenn dann nach der Reichstagswahl eine neue Regierung an die Macht kommt, will diese natürlich auch ihren nicht unwichtigen Staatsbetrieb auf Linie bringen. Das war bei der abgewählten bürgerlichen Koalition nicht anders als bei der neuen rot-grünen Minderheitsregierung. Diese streitet zwar noch über die künftige Stromerzeugung aus schwedischen Atomkraftwerken, ist sich aber schon sicher, dass Elektrizität aus deutscher Braunkohle keine Zukunft hat. Schließlich gibt es keine andere Art der Stromproduktion, bei der so viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) entsteht wie hier.
Nicht anders als Tim Cook kommt natürlich auch der neue Vattenfall-Chef Magnus Hall den Wünschen seiner Eigner nach. In den nächsten Monaten würden "Optionen für eine nachhaltige und neue Eigentümerstruktur" des ostdeutschen Braunkohlegeschäfts geprüft. Zugleich sehe die neue Strategie die "Umstellung unseres Erzeugungsportfolios auf erneuerbare Energien" vor. Da ist noch einiges zu tun. Während die Braunkohle für ein Drittel der Stromerzeugung steht, steuern Wind und Biomasse bislang nur magere 3% zur Produktion bei. Hinzu kommt ein nennenswerter Anteil Wasserkraft, dem Namensgeber von Vattenfall, sprich: Wasserfall.
So weit der politische Wille. Sollte er Realität werden, bleibt von dem drittgrößten deutschen Stromerzeuger eine bessere Vertriebsfirma mit angeschlossenem Mittelspannungsnetz in Ostdeutschland übrig. So was wie Yello oder die Elektrizitätswerke Schönau in Groß. Wobei allerdings offen ist, ob sich überhaupt Käufer für die Lausitzer Braunkohletagebaue und die dortigen Kraftwerke finden. Das ist - natürlich - eine Frage des Preises. Ist dieser zu niedrig, droht Vattenfall die dritte Milliardenabschreibung hintereinander und der dritte Dividendenausfall. Viel wichtiger ist jedoch, ob es heute überhaupt opportun ist, Braunkohlekraftwerke zu kaufen. Diese gehören zwar zu den wenigen Anlagen, mit denen noch Geld verdient werden kann. Aber wer braucht Kraftwerke bei den bestehenden massiven Überkapazitäten hierzulande? Und dann noch solche CO2-Dreckschleudern? So spricht einiges dafür, dass mit der Verkaufsoffensive der neuen Regierung nur die Unmöglichkeit ihrer umweltfreundlichen Pläne gezeigt werden soll.
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