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Media Service: Anhörung: schwere Vorwürfe präzis benennen Schweizer Presserat; Stellungnahme 54/2012 (http://presserat.ch/_54_2012_htm)
Ein Dokument
Interlaken (ots)
Parteien: Barbier-Mueller c. «20 minutes»
Thema: Wahrheit / Anhörung bei schweren Vorwürfen
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zusammenfassung
Anhörung bei schweren Vorwürfen
Der Journalist muss die Vorwürfe präzis benennen
Journalisten müssen die schweren Vorwürfe präzis benennen, wenn sie den Betroffenen kontaktieren. Daran erinnert der Schweizer Presserat in seiner Stellungnahme Nr. 54/2012 i.S. Barbier-Mueller c. «20 Minutes» zu einen Bericht vom 14. Februar 2012 mit dem Titel «Freunde von Mark Muller bereichern sich mit Hilfe des Staats».
«20 Minutes» wirft im Medienbericht die Frage auf, ob eine von der Gratiszeitung enthüllte Transaktion zwischen dem Kanton Genf und dem Beschwerdeführer, Thierry Barbier-Mueller, auf einem «Austausch gegenseitiger Gefälligkeiten» beruhe. Dieser Vorwurf wiegt schwer, da er den Verdacht einer «Verfilzung» zwischen einem wichtigen Immobilien-Promotor und dem damaligen Regierungsrat, Mark Mueller, in den Raum stellt. Der Autor des Berichts hätte die Betroffenen deshalb vor der Publikation mit dem Verdacht konfrontieren müssen. Vorliegend hat der Journalist zwar den Immobilienpromotor kontaktiert, ohne ihn jedoch auf den konkreten Vorwurf anzusprechen. Der Presserat sieht deshalb die Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Anhörung bei schweren Vorwürfen) verletzt.
Nicht verletzt sieht der Presserat entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hingegen die Ziffern 1 (Wahrheit), 4 (Lauterkeit der Recherche), 5 (Berichtigung) und 7 (Privatsphäre) der «Erklärung». Der Beschwerdeführer sah durch den Titel des beanstandeten Medienberichts «Freunde von Mark Muller bereichern sich mit Hilfe des Staats» seine Ehre verletzt. Für den Presserat ist diese Umschreibung zwar negativ konnotiert. Sie unterstelle aber weder ein illegales noch sonst ein besonders gravierendes Verhalten. Eine Ehrverletzung falle deshalb ausser Betracht und entsprechend sei auch die «Erklärung» nicht verletzt.
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