Städtetourismus: Pro-aktive Planung und langfristige Konzepte bewahren vor negativen Folgen durch Massentourismus
Ein Dokument
Zürich (ots)
- Zahl der Städtereisen steigt doppelt so schnell wie die der Länderreisen - Berlin und München zeigen erfolgreiche Tourismuskonzepte - International stossen immer mehr Städte an ihre Grenzen - Sharing Economy treibt Entwicklung zusätzlich an - Overtourism in Schweizer Städten durch den hohen Kurs des Schweizer Franken bislang noch in Grenzen gehalten. Die Städte Zürich, Bern und Luzern sind in der Studie vertreten.
Städtereisen boomen: Während die Zahl der touristischen Übernachtungen bei Länderreisen in den vergangenen 10 Jahren um 26 Prozent zunahm, wuchs sie in Städten mehr als doppelt so schnell. Für die besuchten Städte ist das einerseits eine gute Einnahmequelle, doch wenn die Zahl der Touristen zu hoch wird, leiden sie darunter. Die gravierendsten Folgen des so genannten "Overtourism": Lärm, verstopfte Strassen, überfüllte Restaurants, genervte Einwohner, Verlust lokaler Identität und Kultur. Ein bekanntes Beispiel für eine untragbar hohe Zahl an Besuchern ist Venedig.
Die Hintergründe für das Phänomen des "Overtourism" und mögliche Strategien für einen erfolgreichen Städtetourismus haben die Experten von Roland Berger und die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) in ihrer Studie "European city tourism study 2018: Protecting your city from overtourism" analysiert. Dafür haben sie Daten von 52 europäischen Städten erhoben und ausgewertet. Zentrales Ergebnis: "Viele Städte haben sich in der Vergangenheit nur darauf konzentriert, immer mehr Touristen anzuziehen", sagt Vladimir Preveden, Partner von Roland Berger. "Dabei haben sie vergessen, eine eigene Tourismusstrategie aufzusetzen, um die Interessen von Gästen und Einheimischen, Stadtentwicklung und Tourismusplanung gleichermassen zu berücksichtigen."
Position Schweiz & Overtourism
"Neben einer fehlenden Tourismusstrategie hat 'Overtourism' seine Wurzeln vor allem in der Kombination von drei Faktoren: Attraktivität der Stadt und der Umgebung, die Verfügbarkeit massentauglicher Verkehrsmittel wie z.B. Low-Cost Carrier oder Kreuzfahrtschiffe sowie ein günstiges Kaufkraftverhältnis der Währung im Zielgebiet im Vergleich zur Währung im Quellmarkt", sagt Matthias Hanke, Tourismus-Experte und Senior Partner bei Roland Berger in Zürich. "Während die Attraktivität der Schweizer Städte und deren Umgebung nahezu unschlagbar ist, wird der 'Overtourism' Schweizer Städte durch den hohen Kurs des Schweizer Franken bislang noch in Grenzen gehalten. Dennoch stellen der steigende Wohlstand sowie die zunehmende Reiselust unter der Europäischen Bevölkerung mittelfristig eine erstzunehmende Herausforderung auch für die Schweizer Tourismusmanager dar", ergänzt Hanke.
Europäische Städte zeigen differenziertes Bild
Anhand der Kriterien Wertschöpfung und Tourismusintensität (Verhältnis von Zahl der Touristen zu Einwohnerzahl) haben die Studienautoren Cluster gebildet, um den aktuellen Stand der einzelnen Städte abzubilden. Mit dabei aus der Schweiz sind Zürich, Bern und Luzern. Dabei zeigen speziell vier untersuchte deutsche Grossstädte ein sehr unterschiedliches Bild: Berlin und München gehören mit einem gesunden Tourismus und einem erfolgreichen Zusammenspiel von Stadtplanung und touristischer Entwicklung zu den sogenannten "Shining Stars". Hamburg schafft es hingegen in die Kategorie "Sustainable Quality". Die Stadt bietet zwar ein hochwertiges Angebot an Kultur, Hotels, Restaurants und gut ausgebauter Infrastruktur, die Zahl der Touristen hält sich aber in Grenzen - und könnte mit geeigneten Massnahmen weiter gesteigert werden, um das wirtschaftliche Potenzial besser zu nutzen.
In Frankfurt am Main steigt die Zahl der Übernachtungen seit Jahren überproportional im Vergleich zur Einwohnerzahl, während gleichzeitig die Wertschöpfung eher auf einem geringen Niveau verharrt. Dies ist sicherlich auch durch den starken Fokus auf das Business Segment zu erklären. "Wenn der Trend zu günstigen Übernachtungen geht und auch sonst wenig Geld für Restaurants, Museen und öffentliche Einrichtungen ausgegeben wird, ist der Massentourismus nicht weit", warnt Preveden. "Das schlägt sich dann schnell negativ auf das Image einer Stadt nieder und verprellt Gäste, die qualitativ hochwertigen oder sogar Luxusurlaub machen wollen."
Tourismus braucht eine passende Strategie
Um einen unkontrollierten Tourismusfluss zu vermeiden, sollten Städte frühzeitig eine ganzheitliche Tourismusstrategie erarbeiten. "Diese Strategie sollte in erster Linie der langfristigen Stadtentwicklungsplanung angepasst sein", sagt Preveden. "Nur dann können diese beiden sich gegenseitig befruchten." Im Fokus sollten etwa die Verbesserung der Infrastruktur und Lebensqualität stehen, aber auch Umweltbelange und Smart City-Angebote. Um die Innenstädte zu entlasten, sollten weniger frequentierte Stadtviertel wiederbelebt und mit neuen, attraktiven Angeboten aufgewertet werden.
Dazu kommen regulierende Eingriffe, etwa bei der Zahl der Hotelbetten - aber auch der privaten Unterkunftsangebote: "In Zeiten der Sharing Economy hat zum Beispiel die unregulierte Vermietung von Privatwohnungen einen enormen Effekt auf die Übernachtungskosten und damit auf die Zahl der Touristen in einer Stadt", erklärt Roland Berger-Partner Preveden. "Alle anderen Bemühungen im Kampf gegen den "Overtourism" bleiben wirkungslos, wenn die Politik hier keinen klaren Rahmen vorgibt."
Die Studie können Sie herunterladen unter: www.rolandberger.de/pressemitteilungen
Roland Berger, 1967 gegründet, ist die einzige der weltweit führenden Unternehmensberatungen mit deutscher Herkunft und europäischen Wurzeln. Mit rund 2.400 Mitarbeitern in 34 Ländern ist das Unternehmen in allen global wichtigen Märkten erfolgreich aktiv. Die 50 Büros von Roland Berger befinden sich an zentralen Wirtschaftsstandorten weltweit. Das Beratungsunternehmen ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschliesslichen Eigentum von rund 230 Partnern.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Roland Berger Schweiz
Yvonne Brunner
Senior Specialist - Marketing & Communications
Tel.: +41 79 542 46 78
E-Mail: yvonne.brunner@rolandberger.com