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Jochen Gerz. «Verkehrte Zeit» - Die Videos und Installationen, 1969-2002

Vaduz (ots)

Ausstellung im Kunstmuseum Liechtenstein vom 13. Dezember bis  
9. März 2003
Jochen Gerz, geboren 1940 in Berlin, lebt und
arbeitet seit den späten 1960er Jahren in Paris. Herausragend ist
seine Fähigkeit, einen hohen intellektuellen Anspruch mit den
besonderen Bedingungen, Erwartungen und Möglichkeiten eines
Kunstpublikums sowie einer engeren oder breiteren Öffentlichkeit zu
verbinden. Verschiedene seiner Interventionen im öffentlichen Raum,
vornehmlich in Frankreich (»Le monument vivant de Biron», 1996; «Le
Cadeau», 2001), und in Deutschland (»Mahnmal gegen den Faschismus»,
1986; Hamburg- Harburg, «Mahnmal gegen Rassismus», 1993; Saarbrücken)
sind Beispiele einer rigorosen Haltung wider das Vergessen, die
Ausgrenzung und für die Wahrung der Freiheit.
Um 1970 beginnt Jochen Gerz mit Aktionen und Performances zu
arbeiten. Von Beginn an setzt Gerz Film und Video als
Dokumentationsmedien ein, unabhängig davon, ob die Aktionen im
öffentlichen oder nicht-öffentlichen Rahmen stattfinden. Dabei fällt
auf, dass Gerz stets den Einsatz der Technologie auf die inhaltliche
Struktur jeder Aktion oder Performance abstimmt. «Rufen bis zur
Erschöpfung» (1972) etwa überzeugt auch heute noch durch die
Vermittlung der spezifischen Situation, in der die aufzeichnende
Kamera als Beobachterauge agiert, in dem sich der Betrachter des
Videos selbst wiederfindet. Die von Gerz realisierten Stücke
thematisieren stets eine Interaktion, oder besser eine Konfrontation
von Wirklichkeit und Bild, von Original und Reproduktion.
Die Performances von Jochen Gerz waren auch immer als eine Kritik
der Medien in ihrer Funktion als Realitätsersatz zu lesen, die mit
den Worten Guy Debords lediglich eine «Akkumulation von Spektakeln»
darstellen. Dort, wo die Performances das Publikum mit einschliessen,
thematisieren sie auch die Rolle des Betrachters, der Zeugenschaft,
des Opfers und nicht zuletzt die Passivität und Nachgiebigkeit
gegenüber dem kreativen Künstler. So verkörpern die mythologischen
Figuren von Odysseus und Penelope jenes Rollenspiel, auf dem unsere
Kultur zu einem grossen Teil aufgebaut ist.
Jochen Gerz ist einer der wichtigsten Vertreter konzeptueller
Kunst, wobei seine zentralen Anliegen in der Untersuchung des
Verhältnisses von Kunst zur Wirklichkeit, vom «Anderen» zum Leben
ausgemacht werden können. Nicht mehr an die Kunst denken zu müssen,
wie Gerz wiederholt sein Ziel formuliert hat, bedeutet im Resultat
eine Utopie der Überwindung der Kunst zugunsten eines freien und
vollgültigen Lebens.
Den Kern der Ausstellung bilden alle Videos des Künstlers, die auf
einer Reihe von Abspielstellen gezeigt werden. Sie wurden in den
vergangenen Jahren sorgfältig restauriert und aufgearbeitet und
liegen mit der Ausstellung als DVD-Edition vor. Ergänzend dazu zeigt
das Kunstmuseum Liechtenstein verschiedene Installationen aus dem
Umfeld der Aktionen und Performances, etwa «Rufen bis zur
Erschöpfung» (1972) sowie, aus eigenem Besitz, die Installationen
«EXIT. Das Dachau-Projekt» (1972/4) und «Purple Cross For Absent Now»
(1987).
Der Katalog zur Ausstellung, «Jochen Gerz: In Case We Meet»,
entstand in Zusammenarbeit mit dem Musée National d'Art Moderne,
Paris, und dem Musée d'Art Moderne et Contemporain de la Ville de
Strasbourg bei den Editions du Centre Pompidou. Als Herausgeber
zeichnen Jean-Michel Bouhours und Georges Heck verantwortlich. Er ist
in einer französich/deutschen und einer französisch/ englischen
Ausgabe lieferbar. Das Buch ist ein vollständiges Verzeichnis aller
auf Video dokumentierten Aktionen und Performances von Jochen Gerz
zwischen 1969 und 1993. Textbeiträge von Friedemann Malsch, Marion
Hohlfeldt, Patrick Javault, Jean- Michel Bouhours und Georges Heck.
208 Seiten mit über 100 Abbildungen, Preis CHF 30, Euro 22.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Liechtenstein dauert vom 13.
Dezember 2002 bis 9. März 2003.
Öffentliche Führungen durch die Ausstellung:   Do, 19. Dezember
2002 um 18.00 Uhr   Do, 6. Februar 2003 um 18.00 Uhr   Do, 6. März
2003 um 18.00 Uhr

Kontakt:

Presse- und Informationsamt Liechtenstein

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