ikr: "Verdatet und verkauft! Wer bestimmt über mein digitales Ich?" - 10. Europäischer Datenschutztag, 26. Januar 2016, Universität Liechtenstein (Vaduz)
Vaduz (ots/ikr) -
Was bedeutet Privatsphäre für Sie? Angenommen Sie wären gebrechlich, wären Sie bereit, ein smartes Monitoringsystem - also quasi einen digitalen "Schutzengel" - zu installieren, damit Sie weiterhin zu Hause leben könnten? Oder würden Sie der Krankenkasse Ihre via Fitnessarmband aufgezeichneten Gesundheitsdaten mitteilen, wenn Sie dafür Rabatt bekämen? Würden Sie sich vom Smartphone mit Hilfe der über Sie gesammelten Lebens- und Fortbewegungsgewohnheiten durch Ihren Alltag führen lassen? Welche Daten wären Sie bereit preiszugeben, wenn Sie dadurch den Komfort hätten, weltweit ohne Anstehen Grenzen überqueren, Autos mieten, Hotels buchen, kontaktlos zahlen und Türen öffnen zu können?
Der diesjährige Datenschutztag in Liechtenstein soll Aufschluss geben, ob wir bereits "verdatet und verkauft" sind und welche Möglichkeiten es gibt, unsere digitale Freiheit zurückzugewinnen bzw. zu erhalten. Denn mittlerweile gibt es uns in doppelter Ausführung - einmal als "reale Person" und andererseits als "digitales Ich", welches jedoch die Wenigsten kennen, geschweige denn selbstbestimmt kontrollieren können.
Hauptreferentin ist die renommierte Ökonomin und Forschungsleiterin des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI), Karin Frick. In ihrem Vortrag "Wie man Überwachung ausübt oder sich ihr entzieht" spricht sie über unsere neue Identität im Netz und zeigt auf, wer in einer vernetzten Gesellschaft wen kontrolliert und wie man die Kontrolle über die eigenen Daten behält. Ebenfalls geht sie auf die Fähigkeiten ein, die man braucht, um in einer zunehmend transparenten Welt unabhängig entscheiden zu können.
Anhand von konkreten Beispielen zeigt Karin Frick die Widersprüchlichkeiten auf, mit denen wir konfrontiert sind, wenn wir uns zwischen Privatsphäre, Bequemlichkeit und Sicherheit entscheiden müssen. So erleichtert zwar eine Vielzahl von "digitalen Helferlein" unseren Alltag. Um diesen Komfort jedoch nutzen zu können, muss man bereit sein, persönliche Daten zu übermitteln. Wer beispielsweise rechtzeitig am richtigen Ort sein will, überlässt die Navigation gerne dem GPS - und damit das GPS den Weg zeigen kann, muss man preisgeben, wo man gerade ist und wohin man will. Der Preis, den man für mehr Komfort bezahlt, ist also der Verlust der Privatsphäre.
"Ich glaube, dass das Bedürfnis an Privatsphäre zukünftig weiter abnehmen wird. Gleichzeitig wird aber das Bedürfnis nach Selbstbestimmung bestehen bleiben. Die grosse Herausforderung wird deshalb sein, dass wir die Kontrolle über unsere Daten behalten können", ist die Trendforscherin überzeugt. Die neuen Methoden Kontrolle auszuüben erläutert Frick vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels im digitalen Jahrhundert. Netzwerke ersetzen zunehmend die bisher in erster Linie hierarchisch geprägten Organisationsstrukturen. Die "I-dentity" wandelt sich zur "We-dentity" - Gruppenzugehörigkeit und Anerkennung möglichst vieler Teilnehmer gewinnen an Bedeutung. Und ebenso wie man früher fürchtete eingeschlossen zu sein, hat man heutzutage Angst davor ausgeschlossen zu sein.
Auch in der Wirtschaft geht der Trend von der Hierarchie zum Netzwerk und von geschlossenen zu offenen Systemen. Beispiele hierfür sind die freie Enzyklopädie Wikipedia, der Fahrdienst Uber oder die Buchungsplattform Airbnb. Mit der Vernetzung steigt die Komplexität und neue Kontrollmechanismen werden erforderlich.
"Das Internet der Dinge ermöglicht die Entstehung einer neuen Kontrollform durch technische Geräte, wie beispielsweise Roboter, Autopiloten oder Überwachungsgeräte, die nun als eigenständige Akteure mit ins Spiel kommen. Die Komplexität der Vernetzung wird es dann vielfach unmöglich machen zu erkennen, wer wen kontrolliert. Noch ist eine eigenständige Kontrolle der Maschinen über uns Menschen Science Fiction, aber diese Entwicklung wäre der nächste logische Schritt", prophezeit Karin Frick.
Jeffrey Nigg vom IT Crowd Club Liechtenstein führt begleitend zum Referat von Karin Frick eine interaktive Umfrage im Publikum durch. Einleitend wird Thomas Zwiefelhofer, stellvertretender Regierungschef, ein Grusswort der Regierung sprechen. Moderiert wird die Veranstaltung von der Kommunikationsberaterin Carmen Dahl. Veranstalter sind die Datenschutzstelle, das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Liechtenstein und der IT Crowd Club Liechtenstein.
Die Veranstaltung beginnt um 17.30 Uhr und dauert ca. zwei Stunden. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, sich bei einem Apéro mit Referenten und Besuchern auszutauschen. Details zum Programm finden Sie auf der Internetseite der Datenschutzstelle.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei. Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung bis 20. Januar unter info.dss@llv.li oder Telefon +423 236 60 90.
Kontakt:
Datenschutzstelle des Fürstentums Liechtenstein
T +423 236 60 90