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Fiel "Ötzi" einem Ritualmord zum Opfer? NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND: Neue Theorie über den Tod des Gletschermanns

Hamburg (ots)

Amerikanischer Anthropologe ist von einem Ritualmord überzeugt /
Skepsis bei europäischen Experten
Wie kam der in einem Alpengletscher gefundene Eismann "Ötzi" vor 
5 000 Jahren ums Leben? Diese Frage beschäftigt seit Jahren die
Wissenschaft. Elf Jahre nach der Entdeckung der Mumie, behauptet nun
der amerikanische Anthropologe Johan Reinhard, der für die NATIONAL
GEOGRAPHIC SOCIETY tätig ist, dass der Gletschermann vermutlich
rituell geopfert wurde. NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND berichtet in
seiner aktuellen Februar-Ausgabe (EVT 28.01.2002) über diese neue
Theorie.
Ausgangspunkt für Reinhards Behauptung ist die im letzten Jahr
entdeckte Pfeilspitze im Rücken des Manns - "Ötzi" hatte also eine
Verletzung erlitten, die er sich unmöglich selber hatte zufügen
können. Dass es sich bei diesem gewaltsamen Tod nicht um einen Mord,
sondern um eine rituelle Tötung handelt, sieht Reinhard durch die
Fundstelle der Gletschermumie bekräftigt. Der Eismann wurde auf einem
wichtigen Pass zwischen zwei der höchsten Gipfel der Ötztaler Alpen
gefunden. "An Orten dieser Art haben Menschen aus alpinen Kulturen
traditionell ihren Berggöttern Opfer dargebracht", sagt der
amerikanische Wissenschaftler. Bisher nahm man an, dass "Ötzi" dort
in einer Kuhle Schutz vor einem Sturm gesucht hatte. "Aber sie ist
nicht tief, und sie liegt an einer ausgesetzten Stelle des Passes:
ein schlechter Ort, um das Ende eines Sturms abzuwarten", so
Reinhard. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass der Mann an dieser
Stelle bestattet wurde.
Fundstücke, die bei der Mumie gefunden wurden, erhärten Reinhards
These: zerbrochene Pfeile und ein Kupferbeil. Im neolithischen Europa
war es zeremonieller Brauch, Gegenstände zu zerbrechen und den Toten
mit ins Grab zu legen. Das Beil - es ist das älteste prähistorische
Beil Europas, bei dem Riemenfixierung und Schaft intakt sind - war
zudem ein kostbares Gut zu dieser Zeit. Ein Mörder hätte es nicht bei
seinem Opfer zurückgelassen. Aber Menschen, die hier ihr Opfer
rituell bestatteten, könnten es ihm für das Leben im Jenseits
mitgegeben haben.
Europäische Experten zweifeln bislang Reinhards Theorie an, da es
keine eindeutigen Beweise für Menschenopfer in der Kupferzeit gäbe.
Reinhard jedoch, der vor sieben Jahren das weltbekannte "Eismädchen"
der Inka gefunden hatte, ist von seiner Theorie überzeugt: "Ich
weiss, dass sie umstritten ist, aber es wird Zeit, die gefundenen
Gegenstände nicht nur im Verhältnis zueinander, sondern auch in ihrem
sozialen, rituellen und geographischen Kontext zu betrachten."

Kontakt:

NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND
Pressestelle
Tel. +49/40/3703-5526
Fax +49/40/3703-5599

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