PD: Arbeitsvertrag - Gesellschaftsrecht - Vereinheitlichung des schweizerischen Strafprozessrechts
(ots)Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates hat drei Parlamentarische Initiativen zum Arbeitsvertragsrecht sowie eine Parlamentarische Initiative zur Unabhängigkeit des Revisorats im Gesellschaftsrecht vorgeprüft. Des weiteren wurde sie über den Stand der Arbeiten zum Vorentwurf zur Schweizerischen Strafprozessordnung informiert.
Die Kommission hat die Parlamentarische Initiative Strahm vorgeprüft (02.405 Pa.Iv. Unabhängigkeit des Revisorats im Gesellschaftsrecht). Diese verlangt eine strenge Trennung zwischen Aktiengesellschaft und Revisionsfirma, und zwar einerseits durch das Verbot für die Revisionsfirma, neben dem externen Revisorat noch andere Beratungsmandate für die revidierte Gesellschaft auszuüben und andererseits durch periodische Rotation der Revisionsfirma. Die Kommission ist einhellig der Ansicht, dass angesichts der Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren bei Unternehmen in Schwierigkeiten beobachtet wurden, dringender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Die Kommission hat mit 11 zu 10 Stimmen beschlossen, der Initiative Folge zu geben. Sie ist der Meinung, dass die von der Initiative verlangte Revision nicht den Abschluss der laufenden Arbeiten im Handelsrecht abwarten kann und dass die Parlamentarische Initiative das Mittel ist, das am schnellsten zum Ziel führt. Die Kommissionsminderheit ist der Ansicht, dass dieses spezifische Problem im Rahmen der anderen laufenden Arbeiten im Handelsrecht behandelt werden muss, insbesondere mit Rücksicht auf diejenigen im Bereich der "Corporate Governance". Sie beantragt, der Initiative nicht Folge zu geben, sondern den Bundesrat mittels einer Motion zu beauftragen, bis Ende 2003 eine Regelung für die Unabhängigkeit der Revisionsfirmen vorzulegen. Die Kommission hat ausserdem drei Parlamentarische Initiativen zum Arbeitsvertragsrecht vorgeprüft.
- Mit 12 zu 10 Stimmen hat die Kommission einer Initiative von Nationalrätin Thanei Folge gegeben (02.410 Besserer Schutz vor missbräuchlicher Kündigung). Damit soll im Gesetz verankert werden, dass eine Kündigung wegen Fehlverhalten oder aus Leistungsgründen ohne vorherige schriftlich begründete Abmahnung missbrächlich ist. Nach Ansicht der Kommissionsmehrheit geht dies einher mit einem modernen Personalmanagement, in dem regelmässige Qualifikationsgespräche mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gefördert werden. Eine diesbezügliche im Gesetz verankerte Verpflichtung wird im Konfliktfall eine Klärung der Verhältnisse ermöglichen. Die Kommissionsminderheit hingegen betont, dass das beantragte Verfahren bereits von einer grossen Mehrheit der Arbeitgeber befolgt wird, während es insbesondere für kleinere Unternehmen mit wenig Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wichtig ist, den bürokratischen Aufwand im Bereich der Arbeitsverhältnisse möglichst gering zu halten.
- Mit 10 zu 9 Stimmen beantragt sie, der Initiative von Nationalrat Janiak nicht Folge zu leisten (02.409 Pa.Iv. Streichung des Konkurrenzverbots). Die Initiative verlangt, dass die Möglichkeit, im Arbeitsverhältnis ein Konkurrenzverbot zu vereinbaren, zu beseitigen sei (Art. 340 ff OR). Gemäss der Kommissionsmehrheit würde es die Vertragsfreiheit bei Streichung der geltenden Bestimmungen trotzdem erlauben, Konkurrenzverbote zu vereinbaren, ohne dass ein gesetzlicher Rahmen besteht. Darüber hinaus würde ein ausdrückliches Verbot solcher Vereinbarungen die Privatautonomie zu sehr einschränken. Nach Auffassung der Kommissionsminderheit schränkt das Konkurrenzverbot die persönliche Freiheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sehr ein, insbesondere in einer Zeit, in welcher sich der Arbeitsmarkt vor allem durch Flexibilität auszeichnet.
- Mit 11 zu 10 Stimmen beantragt die Kommission, der Parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Anita Thanei (02.411 Pa.Iv Koordination von Sperrfristen und Lohnfortzahlung) keine Folge zu geben. Diese will die Dauer der Lohnfortzahlung bei Krankheit landesweit vereinheitlichen und das Recht auf Lohn während der Sperrfrist, in welcher der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen darf (Art. 336c OR), garantieren. Die Kommissionsminderheit hält es für notwendig, das Obligationenrecht dahingehend zu verändern, dass landesweit dieselben Regelungen angewandt werden. Die Kommission wurde durch das Bundesamt für Justiz (BJ) über erste Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens zum Vorentwurf einer neuen Schweizerischen Strafprozessordnung informiert. Sie befürwortet die Vereinheitlichung des Strafprozessrechts. Sie hat vom vorgeschlagenen Strafverfolgungsmodell Kenntnis genommen, d.h. vom Staatsanwaltschaftsmodell nach dem Vorbild der Kantone Tessin und Basel-Stadt, welches durch das Fehlen einer Untersuchungsrichterin oder eines Untersuchungsrichters gekennzeichnet ist. Sie weist darauf hin, dass ein derartiges Modell, bei dem Untersuchung und Anklage der gleichen Behörde unterstellt sind, von erweiterten Verteidigungs- und Opferrechten flankiert sein muss. Die Kommission hat ebenfalls davon Kenntnis genommen, dass gewisse Punkte der Vorlage auf Grund der Kritik im Vernehmlassungsverfahren vollständig überarbeitet werden müssen, wie z.B. die Einführung von Einzelrichtern, die befugt sind, Strafen von bis zu drei Jahren zu verhängen.
Schliesslich hat die Kommission Hearings zur Revision des GmbH- Rechts (01.082) und zum Gesetzesentwurf über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur (01.044) durchgeführt. Die Detailberatung dieser beiden Geschäfte wird in den nächsten Sitzungen aufgenommen.
Die Kommission hat am 18. und 19. November 2002 in Bern unter dem Vorsitz von Nationalrätin Anita Thanei (SP/ZH) getagt.
Bern, 19. November 2002 Parlamentsdienste
Auskünfte: Anita Thanei, Kommissionspräsidentin, Tel. 043 322 07 55 Christine Lenzen, Kommissionssekretärin, Tel. 031 322 97 10