Nationales STD/AIDS Programm
Brasilia, Brasilien (ots/PRNewswire)
- Die Regierung erklärt, das antiretrovirale Kaletra ist im öffentlichen Interesse und wird dieses in Brasilien produzieren
Das Gesundheitsministerium von Brasilien hat erklärt, das antiretrovirale Medikament Kaletra (Lopinavir/Ritonavir), erzeugt von Abbott Laboratories, ist im öffentlichen Interesse. Daher wird die brasilianische Regierung eine Zwangslizenzierung des Medikamentes beschliessen, sollte der Hersteller nicht die notwendigen Erfordernisse für die Gewährleistung der Nachhaltigkeit des National STD/AIDS Programms liefern. Eine offizielle Mitteilung, die diesen Freitag an das Laboratory gesandt wird, eröffnet für das Unternehmen die Gelegenheit, seine Meinung zu äussern, ob es auf diese Situation im öffentlichen Interesse reagieren wird.
(Photo: http://www.newscom.com/cgi-bin/prnh/20050623/SPF001 )
Das Laboratory hat ab Erhalt dieser Mitteilung 10 Tage Zeit, um das brasilianische Gesundheitsministerium zu informieren, dass es bereit ist, den Verkaufspreis von Kaletra auf nationale Produktionsniveaus zu reduzieren. Seine Zustimmung wird den Beschluss zur Zwangslizenzierung verhindern.
Mit der Lizenzierung kann die Regierung dem Farmanguinhos Laboratory aus Fiocruz genehmigen können, das Arzneimittel exklusiv für die Öffentlichkeit und nicht für den Handel zu produzieren. Diese Massnahme ist notwendig, um die Nachhaltigkeit und die Qualität des National STD/AIDS Programms zu gewährleisten, das heuer für die Erhaltung des Lebens von nahezu 170.000 Brasilianern verantwortlich ist.
Mit der Erklärung zum öffentlichen Interesse setzt die brasilianische Regierung die Flexibilität um, die in internationalen Normen und in der brasilianischen Gesetzgebung besteht, ohne einen Vertrag zu brechen. Das Gesundheitsministerium basiert seinen Beschluss zur Lizenzierung auf die TRIPs Accords (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights), die Doha Erklärung und das Patentgesetz (1997), sowie den Erlass 4.830/03.
Das brasilianische National STD/AIDS Programm ist weltweit vorbildlich für die Behandlung von HIV Trägern und hat sich den universellen und kostenlosen Zugang zu allen verfügbaren Ressourcen für die Behandlung der Krankheit und für die Prävention und Diagnose in öffentlichen Spitälern zum Ziel gesetzt.
Die Anzahl an Patienten, die in Brasilien antiretrovirale Medikamente einnehmen, ist von fast 36.000 im Jahre 1997 auf 170.000 gestiegen. Zwischen 2004 und 2005 haben mehr als 20.000 Menschen an dem Programm teilgenommen. Es gibt 15 Arten von antiretroviralen Medikamenten, die kostenlos verteilt werden. Kaletra wurde 2002 eingeführt und wird Patienten verschrieben, die gegenüber anderen Medikamenten bereits resistent sind.
Um die Verwendung der letzten Generation von antiviralen Medikamenten für alle Menschen zu gewährleisten, hat das Gesundheitsministerium die zugeteilten Ressourcen für das Programm um 50 % erhöht, das im Jahre 2004 mit BRL 620,9 Mio. begann und dessen Mittel im Jahre 2005 auf BRL 945 Mio. (USD 393,9 Mio.) aufgestockt wurden. Von dieser Summe wird fast ein Drittel (BRL 257 Mio.) allein für den Kauf von Kaletra verwendet.
Laut Prognose werden im Jahre 2008 fast 215.000 Menschen in Brasilien den Cocktail benötigen, was einem Budget von BRL 1,25 Mio. (USD 520,8 Mrd.) entspricht, wobei ein Drittel dieses Betrages für den Kauf von Kaletra bestimmt ist.
Die Budgeterhöhungen zur Aufrechterhaltung des National STD/AIDS Programms verliefen konstant. In den letzten vier Jahren erhöhte Brasilien die Investitionen jedoch um 77%, während die Patientenanzahl um 43 % stieg.
Es wird geschätzt, dass 600.000 Brasilianer Träger des HIV Virus sind. Es gibt sogar noch mehr Menschen, die nicht wissen, dass sie infiziert sind und die in den nächsten Jahren behandelt werden müssen. "Brasilien ist es ein Anliegen, gute Arbeit bei der Behandlung jener Brasilianer zu leisen, die diese benötigen, und zwar mit dem geeigneten Arzneimittel und mit neuesten Behandlungsmassnahmen. Dies ist eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses", erklärt Minister Humberto Costa.
Um jedem der im Programm registrierten Träger die Verabreichung des idealen Medikamentes zu garantieren, muss das Gesundheitsministerium den Ankauf der letzten Generation von Medikamenten sicherstellen. Derzeit startet etwa die Ausgabe von Enfuvirtida, das zu einer neuen Klasse von antiretroviralen Medikamenten gehört, zu Kosten von BRL 19.000/Monat (USD 7.900 pro Patient). Insgesamt 1.200 Patienten sind derzeit für die Behandlung mit diesem neuen Medikament vorgesehen.
Verhandlung - Im März dieses Jahres begann das Ministerium Verhandlungen für eine freiwillige Lizenzierung mit Abbott Laboratories, Gilead Science Incorporation und Merck Sharp & Dohme. Die von diesen Laboratorien erzeugten Medikamente - Kaletra, Efavirenz (Merck) und Tenofovir (Gilead) - entsprechen 66 % des gesamten Budgets für den Einkauf von antiretroviralen Medikamenten.
Die Verhandlungen mit Merck und Gilead gehen weiter. Abbott hat sich als einziges Unternehmen sowohl gegen die Alternative der freiwilligen Lizenzierung, als auch gegen eine Preisreduktion ausgesprochen, was die künftige Nachhaltigkeit des Programms sicherstellt. Seit das Medikament 2002 nach Brasilien kam, wurde sein Preis um 25 % reduziert -- ein Prozentsatz, der in globalen Begriffen als niedrig eingeschätzt wird -- da die Entwicklungskosten über die Jahre sinken.
Heute beträgt der Preis pro Einheit von Kaletra USD 1,17, im Vergleich zu seinem Preis von USD 1,60 im Jahre 2002 und USD 0,72 für seine Generikaversion. In diesem Zeitraum sind jedoch die Regierungskosten für den Kauf des Arzneimittels von USD 35,2 Mio. auf USD 91,6 Mio. pro Jahr gestiegen. Dies deshalb, weil sich die Anzahl an Patienten, die das Medikament in Brasilien benötigen, jährlich verdreifacht hat. Im Jahre 2002 benötigten es 3.200 Personen. Dieses Jahr werden es 23.400 sein.
Gesetzgebung - Die Initiative des Gesundheitsministeriums wird gedeckt von nationalen und internationalen Normen und respektiert die Rechte von Privatunternehmen, Gewinn mit ihren Erfindungen zu erzielen. Artikel 71 des Brasilianischen Patentrechtes (Law 9.279/96) sieht eine Zwangslizenzierung vor, wenn öffentliches Interesse gegeben ist. Erlass 3201 aus 1999, und 4830 aus 2003 betrachten ebenfalls diese Themen in Bezug auf die öffentliche Gesundheit als im öffentlichen Interesse stehend.
Die Doha Declaration (Catar) aus 2001 erlaubt es Ländern, Massnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen. Diese Massnahmen beeinträchtigen, entsprechend der Erklärung, nicht das TRIPs Agreement, das Mindestrechte über geistiges Eigentum festlegte.
Wenn Abbott Laboratories der Mitteilung des Ministeriums nicht Folge leistet, wird das Medikament in Brasilien exklusiv für die nationale Versorgung produziert. Obwohl die Zwangslizenzierung den brasilianischen Laboratorien das Recht gibt, Liponavir/Ritonavir zu produzieren, verhindert dies nicht, dass Abbott Kaletra im Land auf den Markt bringt.
Nationale Produktion - Mit der Zwangslizenzierung würde das Institute of Pharmaceutical Technology (Farmanguinhos Laboratory) der Oswaldo Cruz Foundation das Medikament Lopinavir/Ritonavir produzieren und seinen aktuellen Preis um fast 50 % reduzieren. Innerhalb von einem Jahr könnte Farmaguinhos sechs Millionen Kapseln/Monat erzeugen, die notwendige Menge, um die Inlandsnachfrage zu decken. Der Preis/Einheit für das Medikament sollte etwa USD 0,68 betragen, was für das National Programm etwa BRL 130 Mio./Jahr ergeben würde.
Farmaguinhos ist das grösste, öffentliche Laboratorium in Brasilien und produziert bereits mehr als 60 u.a. antivirale Medikamente. Letztes Jahr hat die brasilianische Regierung USD 6 Mio. in die Akquisition des GlaxoSmithKline Industrial Park in Rio de Janeiro investiert, um es in den Medicine Technology Complex (CTM) für Farmaguinhos umzugestalten. Das CTM wird im Jahre 2007 10 Mrd. pharmazeutische Einheiten produzieren.
Das Programm - Seit 1986 hat das National STD/AIDS Programm die 100% kostenlose Behandlung für HIV/AIDS Patienten sichergestellt. Seit Beginn des Programms hat sich die Lebenserwartung der von AIDS betroffenen Personen verzwölffacht, nämlich von fünf auf 58 Monate. Die Sterblichkeit ist um 50 % zurückgegangen und die Anzahl an schwangeren Frauen, die an der Krankheit leiden und die Zugang zu AZT haben, was zur Verhinderung der Infektion des Neugeborenen beitragen kann, ist im Steigen begriffen. Dieses Jahr wird das Gesundheitsministerium 754 Projekte zur Krankheitsbekämpfung finanzieren, die von Nichtregierungsorganisationen mit einem Budget von BRL 60 Mio. umgesetzt werden.
Im Jahre 2001 verlieh die UNESCO (United Nations Educational, Scientific, and Cultural Organization) dem brasilianischen Programm einen Preis in der Kategorie "Menschenrechte und Kultur des Friedens". Letztes Jahr hat das brasilianische AIDS Programm für seine Qualität eine weitere, internationale Auszeichnung erhalten: eine Medaille des U.N. AIDS Programms (Unaids) für die Führungsrolle, die Brasilien bei der Verbesserung des Kampfes gegen die Epidemie eingenommen hat.
Brasilien nimmt seit 1995 an einem internationalen HIV und AIDS Kooperationsprogramm teil. Heute sind 25 Länder an dieser Arbeit beteiligt, die Prävention, Hilfe und Behandlung, epidemiologisches Monitoring, Projektmanagement, sexuell übertragbare Erkrankungen, Menschenrechte und die Zusammenarbeit mit Organisationen des privaten Sektors umfasst.
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