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Unruhe vor dem Sturm, Kommentar zur Debatte über einen früheren Start des Euro-Rettungsschirms ESM, von Detlef Fechtner.

Frankfurt (ots)

Wenn Finanzpolitiker tatsächlich darauf zielen, Menschen und Märkte zu beruhigen, dann gelingt ihnen das derzeit denkbar schlecht. Denn als wären die Probleme in Zeiten steigender Schuldenquoten und sinkender Wachstumsraten nicht bereits groß genug, sorgen die Regierungen für stetig neue Irrungen und Wirrungen.

Aktuelles Beispiel ist der Fahrplan für die Euro-Rettungsschirme. Bisher ist geplant, dass der dauerhafte Notfonds ESM von Mitte 2013 an die Stabilität in Euroland schützen soll und bis dahin das Provisorium EFSF in Kraft bleibt. Nun aber ist eine Debatte über einen früheren Start des ESM entbrannt - auch durch Äußerungen von Bundesfinanzminister Schäuble.

Gewiss, es lassen sich einige Argumente finden, die für ein möglichst frühzeitiges Inkrafttreten des ESM sprechen. Erstens besitzt der Dauer-Schirm eine robustere Grundlage, weil er auf internationalem Recht fußt, nicht bloß auf luxemburgischem Privatrecht. Zweitens ist sein organisatorisches Format näher an einer Bank, da die Euro-Länder nicht bloß Garantien für den ESM stellen, sondern auch "echtes Geld" als Bareinlage. Deshalb könnte der ESM vieles tun, was mit der EFSF verdammt schwierig werden dürfte - gerade mit Blick auf die aktuellen Überlegungen, mehr Kapital zu mobilisieren, indem der Fonds gehebelt wird. Drittens sieht der Dauer-Schirm die berühmten CAC-Klauseln vor, die eine geordnete Insolvenz eines Staats durch klare Regeln für die Gläubiger zumindest vereinfachen.

Einem früheren Übergang auf den ESM stehen indes auch Hindernisse im Weg. Die nötige Mini-Vertragsänderung müsste durch alle 27 nationalen Parlamente gepeitscht werden. Und die Regierungen müssten bereits im Jahr 2012 Milliarden an den ESM überweisen. Vor allem aber provoziert die Diskussion über den ESM-Fahrplan gerade jetzt Irritationen, weil derzeit europaweit die umstrittene EFSF-Ausweitung ratifiziert wird. Sie erweist sich als Debatte zur Unzeit, denn in Brüssel und Berlin entsteht neue Unsicherheit. Ist, so fragen die Kritiker, der Vorschlag nicht Beleg dafür, dass nicht einmal die Verfechter einer erweiterten EFSF daran glauben, dass der Schirm groß und stark genug ist, um drohenden Unwettern zu trotzen. Die Kontroverse verstärkt die Ängste vor einem bevorstehenden Sturm und sorgt für Unruhe. Eine Unruhe, die endgültig in Unverständnis umschlägt, wenn es nun heißt, es gehe ja ohnehin nur um das Vorziehen des ESM um einige Wochen. Wenn dem wirklich so ist, hätte sich die Politik diese Diskussion sparen können.

(Börsen-Zeitung, 27.9.2011)

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