Die Vorgruppe aus Brüssel, Kommentar zum EU-Krisenpakt von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
José Manuel Barroso ist gestern seiner Rolle gerecht geworden - und das ist gar nicht so selbstverständlich. Er hat einerseits die unter den Euro-Regierungen derzeit diskutierten Vorschläge gebündelt und somit das Publikum darauf vorbereitet, was vom EU-Gipfel am 23. Oktober zu erwarten ist. Andererseits hat er der Versuchung widerstanden, mit eigenen oder gar eigenwilligen Vorstößen Irritationen zu provozieren.
Auch kann man dem Portugiesen schwerlich vorwerfen, dass er wichtige Details offenlässt, etwa die Frage, wie hoch Europas Bankenaufseher die Kernkapitalquote anheben wollen oder auf welche Weise der Euro-Schirm gehebelt werden soll. Denn alle diese Entscheidungen treffen in Euroland ohnehin die Regierungen, nicht der EU-Kommissionspräsident. Er ist lediglich die Vorgruppe, die den Saal einstimmt. Bis zum großen Konzert müssen sich alle noch einige Tage gedulden.
Dass die Kapitalmärkte zuletzt so positiv auf die Ankündigungen eines Gesamtpakets reagiert haben, zeigt, dass nicht nur in der Bevölkerung eine große Sehnsucht nach einem großen Wurf herrscht. Dabei lässt sich darüber, ob die nun zusammengestrickten Maßnahmen tatsächlich geeignet sind, das Vertrauen in die Schlagkraft der Politik und ihrer Rettungsinstrumente zurückzugewinnen, trefflich streiten. Umso wichtiger ist es, dass sich Europas Regierungen und die EU-Kommission nicht wieder über Einzelpunkte in die Haare bekommen. Denn sonst wäre von vornherein die Chance vertan, den Teufelskreis des Zweifels an der Solidität von Banken und Staaten zu durchbrechen.
Der gestrige Tag macht ein wenig Hoffnung, es könnte dieses Mal gelingen, dass sich Europa in weitgehendem Einvernehmen präsentiert. Denn fast unbemerkt haben sich zwei europäische Regierungen mit interessanten Hinweisen zu Wort gemeldet. Einerseits signalisiert Paris, den Euro-Nottopf nicht für die Kapitalisierung heimischer Banken in Anspruch nehmen zu wollen - und beendet damit einen schwelenden Zwist mit Berlin. Andererseits hat Schweden die Europäische Investitionsbank als mögliche Finanzquelle zur Unterstützung der Banken ins Gespräch gebracht - und deutet damit an, dass die 10 EU-Staaten jenseits der Währungsunion mit den 17 Euro-Ländern an einem Strang ziehen wollen. Das ist in Zeiten, in denen Euroland nicht auf die Unterstützung von Briten, Osteuropäern und Skandinaviern verzichten kann und ohnehin ständig über eine Spaltung der EU spekuliert wird, ein wichtiges Signal.
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