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Kein Scherz, ein Skandal
Leitartikel von René Gribnitz

Berlin (ots)

Die Nachricht vom Wechsel des früheren Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Deutschen Bahn war dann also doch kein Witz aus dem "Postillion", wie viele selbst am Freitagmorgen noch hofften. Die Grimme-Preis-prämierten Macher der Internet-Satire-Seite hatten durch einen technischen Trick so getan, als wären sie die Autoren der allerersten Nachricht zu Pofallas Wechsel. Zehntausende Leser fielen darauf herein - eben weil diese Nachricht so fragwürdig ist, dass sie nur von einem Satiriker erfunden sein konnte. Pofallas Wechsel ist aber kein Scherz, sondern ein Skandal, der nicht nur dem Ansehen der Politik schadet.

Der Merkel-Intimus, der aus dem Kanzleramt ausschied, um sich vorgeblich seiner neuen Familie zu widmen, soll Chef-Lobbyist im Staatskonzern Bahn werden. Sein mit einem Millionengehalt dotiertes Vorstandsressort muss erst geschaffen werden. Die Personalie kommt nur wenige Wochen, nachdem sich Union und SPD darauf verständigt hatten, beim Wechsel ausscheidender Regierungsmitglieder in die Wirtschaft eine "angemessene Regelung" zu finden, "um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden". Anlass war der Konflikt um den aus dem Kanzleramt zum Autokonzern Daimler gewechselten Staatssekretär Eckart von Klaeden (CDU). Aus heutiger Sicht muss man sagen: Von Klaeden ist immerhin zu einem privaten Unternehmen gewechselt. Im Fall Pofallas dagegen wird ein aus dem Regierungsgeschäft ausgeschiedener Spitzenpolitiker von einem hundertprozentigen Staatsunternehmen mit einem bislang nicht vorhandenen Spitzenposten versorgt. So viel Selbstbedienung war lange nicht.

Die Personalie zeigt aber auch: Die Deutsche Bahn, die noch unter ihrem ehemaligen Chef Hartmut Mehdorn auf Distanz zum politischen Betrieb gegangen war, liefert sich jetzt dem Staat wieder aus. Das Kalkül von Bahnchef Rüdiger Grube: Pofallas kurzer Draht zur Spitzenpolitik in Deutschland soll verhindern helfen, dass die EU auch im deutschen Schienennetz den Wettbewerb stärkt. Der wäre aber bitter nötig bei einem Quasimonopolisten, der noch immer durch Verspätungen und Fehlplanungen von sich reden macht. Dass nur Konkurrenz zu einem besseren Service führt, ist eine Binsenweisheit, die allerdings in der deutschen Politik gern vergessen wird. Bezahlen werden die Auferstehung der Bundesbahn die Bahnkunden.

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