Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: Thema: Zinsenbesteuerung - Bilaterale II: Notiz an die Redaktionen
Bern (ots)
21. Mär 2003 (EFD) Wie zum damaligen Zeitpunkt bekanntgegeben, wurde am 6. März 2003 anlässlich eines Treffens zwischen Bundesrat Kaspar Villiger, Ecofin-Präsident Nikos Christodoulakis und EU-Kommissar Frits Bolkestein und eine materielle Einigung über die noch offenen Fragen im Bereich der Zinsenbesteuerung erzielt. Für die Schweiz stellt diese Einigung die Basis zum Vertragsschluss dar. Zur Zeit ist die Frage der Zinsenbesteuerungsrichtlinie und des Abkommens mit der Schweiz im Ecofin noch pendent. Deshalb wird sich die Schweiz erst nach abgeschlossener materieller Einigung zu den EU-seitigen Beschlüssen äussern. In Beantwortung zahlreicher Medienanfragen stellt Ihnen das Eidg. Finanzdepartement (EFD) einen Überblick über die wichtigsten Punkte des Dreiertreffens sowie über den Zusammenhang zwischen der Zinsenbesteuerung und den anderen Dossiers der Bilateralen II zu. Der Abkommenstext wird nach der Paraphierung bekanntgegeben.
Zinsenbesteuerung - Abkommen Schweiz - EU
Die wichtigsten Punkte der Einigung vom 6. März 2003
Die Schweiz hat das Anliegen der EU stets geteilt, wonach Zinserträge von EU-Bürgern angemessen zu besteuern sind, und sie hat deshalb zu Verhandlungen über eine zur EU-internen Regelung gleichwertigen Lösung unter Wahrung des Bankgeheimnisses Hand geboten.
Kernstück des Abkommens ist das Engagement der Schweiz zur Einführung eines Steuerrückbehalts von zunächst 15%, sodann 20% und ab 2011 35%. Damit stellt die Schweiz einerseits sicher, dass die geplante EU-Regelung nicht über die Schweiz umgangen werden kann. Andererseits bleiben die Schweizer Rechtsordnung und das Bankgeheimnis gewahrt.
Der Steuerrückbehalt gilt für alle Zinszahlungen, die eine auf dem Gebiet der Schweiz gelegene Zahlstelle einer natürlichen Person mit steuerlichem Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat leistet. Der Ertrag des Steuerrückbehalts fällt zu 75% an die EU bzw. ihre Mitgliedstaaten (Revenue-sharing). Das Abkommen sieht zudem vor, dass ausländische Bankkunden selber zwischen dem Steuerrückbehalt und einer Meldung an die Steuerbehörden wählen können (Freiwillige Meldung). In einem Memorandum of understanding (MOU) verpflichtet sich die Schweiz gegenüber der EU, in den Doppelbesteuerungsabkommen mit den EU-Mitgliedländern und auf der Basis der Gegenseitigkeit Amtshilfe bei Steuerbetrug zu vereinbaren. Diese würde natürliche Personen und Gesellschaften erfassen. Amtshilfe würde auf begründete Anfrage hin bei Steuerbetrug nach schweizerischem Recht sowie bei sinngemäss gleich schwer wiegenden Delikten geleistet. Sinngemäss mit Steuerbetrug vergleichbar sind Verstösse gegen genau bestimmbare steuerstrafrechtliche Vorschriften anderer Staaten, die denselben Unrechtsgehalt aufweisen wie bei uns der Steuerbetrug, aber im Schweizer Verfahren und somit auch im Schweizer Recht nicht vorkommen. Nicht unter diese Bestimmung fällt in jedem Fall die einfache Steuerhinterziehung.
Am 21. Januar 2003 hatten die EU-Finanzminister den Grundzügen des Abkommens zugestimmt, allerdings wich der damalige Beschluss in Teilen sowohl vom EU-Richtlinienentwurf als auch von den Verhandlungsergebnissen mit der Schweiz ab. Die aus Sicht der Schweiz nötige Klärung konnte am 6. März 2003 anlässlich eines Dreiertreffens zwischen EU-Kommission, EU-Präsidentschaft und Bund abgeschlossen werden. Zu klären war insbesondere die im Ratsbeschluss vom 21. Januar 2003 angedeutete Absicht der EU, kontinuierlich darauf hinzuarbeiten, dass die Schweiz und weitere Drittstaaten zu einem Regime übergehen, wie es OECD-intern für Steuerparadiese diskutiert wird, also für Staaten ohne Einkommenssteuern und ohne mit der Schweiz vergleichbaren Standards. Auf diese Verknüpfung wird verzichtet. Das Abkommen regelt mögliche Revisionsfälle präzis. Über Verbesserungen des rein technischen Funktionierens kann regelmässig befunden werden. Konsultationen über substanzielle Änderungen können jedoch erst erfolgen, nachdem das Abkommen vollständig implementiert ist und ausreichend Erfahrungen über den ab 2011 zum Zuge kommenden Steuersatz von 35% vorliegen, oder wenn beide Parteien solchen Konsultationen zustimmen. Dabei können auch die internationalen Entwicklungen in Betracht gezogen werden. Das Ergebnis solcher Konsultationen ist im Abkommen in keiner Weise präjudiziert. Im weiteren wird im MOU das Engagement beider Parteien festgeschrieben, wonach das Abkommen in Treu und Glauben angewendet und nicht durch unilaterale Massnahmen umgangen werden soll.
Bestandteil der am Dreiertreffen vom 6. März erzielten Einigung ist auch die Teilnahme der Schweiz an den Richtlinien über die Nullbesteuerung im Quellenstaat von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen.
Insgesamt ist die von der Schweiz angestrebte Stabilität des Abkommens ausreichend gewährleistet. Die zentralen Interessen konnten gewahrt werden.
Bilaterale Verhandlungen Schweiz - EU
Ausgewogenes Gesamtresultat
Mit ihrer Bereitschaft zur Einführung eines Steuerrückbehalts hat die Schweiz einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Frage der Zinsenbesteuerung geleistet. Der Bundesrat erwartet, dass nun auch die Verhandlungen in den übrigen Dossiers rasch abgeschlossen werden können. Dies ist aus der Sicht der Schweiz eine Voraussetzung, damit ein insgesamt ausgewogenes Gesamtresultat erreicht werden kann. Dieser Punkt ist für die Schweiz zentral: Ein Abschluss der Verhandlungen bei der Zinsenbesteuerung kann für die Schweiz nur Teil einer Gesamtlösung sein. Die Schweiz hat diesen koordinierten Verhandlungsansatz immer wieder betont. Bevor das Abkommen über die Zinsenbesteuerung paraphiert wird, müssen (ausser bei den Dienstleistungen) auch in den anderen Dossiers die noch bestehenden Probleme ausgeräumt und die entsprechenden Abkommen finalisiert werden. Ist das geschehen, kann zum gemeinsamen Verhandlungs- Abschluss der bilateralen Abkommen II geschritten werden. Lösungen für die einzelnen noch offenen Punkte der restlichen Dossiers können nach Meinung der Schweiz rasch gefunden werden. Für die Klärung der letzten politisch sensiblen Differenzen hat Bundespräsident Pascal Couchepin anlässlich seines Besuchs bei der griechischen EU- Präsidentschaft in Athen am 10. Februar ein politisches Treffen auf hoher Ebene vorgeschlagen.
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