Von 1527 bis 2001 - Eine Hofstätte am Lindenplatz in Triesen ist abgebrochen worden
Vaduz (ots)
Im Vorfeld des kürzlich erfolgten Abbruchs der Hofstätte Nr. 113 (alte Nr. 36) am Lindenplatz in Triesen wurde eine baugeschichtliche Dokumentation erstellt. Sie liefert uns interessante Einblicke und Informationen über die beachtliche Geschichte der Liegenschaft.
Das Triesner Oberdorf zählt zu den ältesten, noch in wesentlichen Teilen intakt erhaltenen Siedlungskernen von Liechtenstein. Direkt oberhalb des Lindenplatzes stand noch vor wenigen Wochen die Hofstätte Nr. 113, die mit einem offenen Hof auf die heutige Römerstrasse hin orientiert war. Sie bestand aus dem Wohnhaus, der Stallscheune, einem freistehenden Werkstattgebäude sowie aus einem umzäunten Nutzgarten mit etwas Wiesland. Bei der Eröffnung des Grundbuches im Jahre 1809 ist Anton Kindle als Grundeigentümer der Liegenschaft eingetragen.
Der älteste Teil des Hauses wurde im Jahr 1527 errichtet, also 28 Jahre nachdem Triesen während des Schwabenkrieges unter verheerenden Brandschatzungen leiden musste. Aus der Erbauungszeit konnten auch noch ein Mörtelgussboden und ein Wandverputz nachgewiesen werden. Der Kernbau bestand aus einem Gewölbekeller und einer darüberliegenden Kammer. Er gehörte wahrscheinlich zum nördlichen Teil des ursprünglichen Gebäudes. Eine Erweiterung des Wohnhauses erfuhr der Kernbau im Jahr 1620. Die Erneuerung bestand im Wesentlichen aus dem Einbau einer gemauerten Küche, dem Anbau einer gemauerten Nebenstube und einer Stube, von welcher etliche Inventarteile noch beinahe unverändert erhalten waren. Die beiden Gewölbekeller unter dem Gebäude verrieten den damaligen Bauherrn als Winzer mit eigener Weinlagerung.
Ein Raum des Kernbaus von 1527 zeigte sich von besonderem Aussagewert. Sein russfreier Innenausbau und das verschliessbare Fensterchen der Kammer deuteten darauf, dass der Raum als Aufbewahrungsort für Wertsachen, wie Schriften, Saatgut und dergleichen diente. Das 1717 eingebaute, in Renaissanceart verzierte Stichbogenfenster wies ebenfalls auf eine besondere Nutzung des Raumes hin. Der 1845 erstellte Dachstuhl belegt das Aufkommen gebrannter Ziegel an Stelle bisheriger Legschindeln aus Holz. Andernorts wurden die Dachstühle lediglich steiler aufgerichtet um für die Ziegeldeckung verwendet werden zu können, an der Hofstätte 113 entstand jedoch ein neuer Dachstuhl. Vermutlich gegen Ende des 19 Jh. wurde im Hof der Liegenschaft ein Werkstattgebäude errichtet, das ab 1913 vom damaligen Besitzer, Arnold Bargetze, zur Ausübung seines Wagnergewerbes genutzt wurde. Es musste anlässlich der jüngsten Bautätigkeit nicht abgebrochen werden. Die alte Scheune wurde 1924 durch einen grösseren Oekonomieteil ersetzt. Mit der Modernisierung von 1951/60 verlor das Wohnhaus viel seines Charakters und einiges seiner Zeugniskraft und Authentizität.
Einige bedeutende Inventarteile der Hofstätte wurden von der Denkmalpflege sichergestellt und in die Studiensammlung übernommen.
Kontakt:
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Ressort: Kultur/Regierungsrat Alois Ospelt
Sachbearbeitung: Hochbauamt (+423/236 62 62)
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