pafl: Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken
(ots)Liechtensteinische Stiftung kann im ganzen EWR-Raum landwirtschaftliche Grundstücke erwerben
Der österreichische Verwaltungsgerichtshof unterbrach im September 2001 das nationale Verfahren in einem anhängigen Beschwerdefall einer liechtensteinischen Stiftung, welche in Vorarlberg landwirtschaftlichen Grund erwerben wollte. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof bat den Europäische Gerichtshof (EuGH) um Stellungnahme, ob die Anwendung der Kriterien der Selbstbewirtschaftung, des Wohnsitzerfordernisses und der vorherigen Genehmigungspflicht im Vorarlberger Grundverkehrsgesetz mit dem EG- Vertrag bzw. mit dem EWR-Abkommen vereinbar sind.
Gemäss Art. 40 EWR-Abkommen (Kapitalverkehr) kann jeder EWR- Staatsbürger bzw. jede in einem EWR-Staat rechtmässig errichtete Gesellschaft in einem anderen EWR-Staat Grund bzw. Gesellschaftsanteile erwerben. Zu den EWR-Staaten zählen die EU- Staaten und die drei EWR/EFTA-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein. Liechtensteinische Gesellschaften können daher seit dem 1. Mai 1995 im ganzen EWR-Raum von der Kapitalverkehrsfreiheit profitieren.
Erstmals war nun ein Grundstückserwerb durch eine liechtensteinische Gesellschaft Gegenstand eines Verfahrens vor dem EuGH. In seinem nun vorliegenden Urteil vom 23. September 2003 hält der Gerichtshof zunächst fest, dass verwaltungsbehördliche Beschränkungen zum Erwerb von land- und fortwirtschaftlichen Grundstücken im Falle eines Grundstückserwerbs durch eine liechtensteinische Gesellschaft anhand von Art. 40 und des Anhangs XII des EWR-Abkommen (Kapitalsverkehrsfreiheit) zu beurteilen sind.
Weiters stellt der Gerichtshof fest, dass der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks, welcher von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht wird, grundsätzlich mit dem EG-Vertrag - und daher auch mit dem EWR-Abkommen - vereinbar ist. Der EuGH hat allerdings klar gemacht, dass die Genehmigung nicht schon deshalb verweigert werden könne, weil der Grundstückserwerber nicht selbst für die Bewirtschaftung des betreffenden Grundstückes besorgt sei. Für Liechtenstein ist das Urteil des EuGH von Interesse, da der EuGH der Bedeutung des EWR besonders Rechnung trägt, indem er den Sachverhalt nicht anhand des EG-Vertrages, sondern ausschliesslich anhand des EWR-Abkommens prüft. Weiters bestätigt der EuGH die Zulässigkeit von vorherigen Kontrollmechanismen im Rahmen der Kapitalverkehrsfreiheit (welche im liechtensteinischen Grundverkehrsgesetz auch enthalten sind). Der EuGH zeigt jedoch klare Grenzen für nationale Massnahmen auf, die es einer juristischen Person verunmöglichen, von der Kapitalverkehrsfreiheit zu profitieren.
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Andrea Entner-Koch
Tel.: +423/236 60 37)