pafl: Berliner OSZE-Treffen gegen Antisemitismus
(ots)Liechtenstein durch Botschafter Josef Wolf vertreten
Am 28. und 29. April 2004 fand in Berlin auf Einladung der deutschen Bundesregierung die zweite OSZE- Antisemitismus-Konferenz statt. Die erste OSZE-Veranstaltung zu dieser Thematik war im Juni 2003 in Wien ausgerichtet worden. Das offizielle Treffen wurde umrahmt von Veranstaltungen nichtstaatlicher Organisationen, darunter des Jüdischen Weltkongresses.
Die Konferenz, die im Weltsaal des Auswärtigen Amtes stattfand, wurde von Bundespräsident Johannes Rau am Mittwoch eröffnet. Prominenteste Teilnehmer waren der israelische Staatspräsident Mosche Katzav, der amerikanische Aussenminister Colin Powell, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses Edgar M. Bronfman und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel.
Der liechtensteinische Botschafter in Deutschland, Josef Wolf, gehörte zu den fast 600 Delegierten aus 55 OSZE-Staaten, die an der Konferenz konkrete gemeinsame Schritte zur Bekämpfung des Anitisemitismus in allen seinen Formen vereinbarten. Ziel war vor allem die Präsentation so genannter best practices im Umgang mit dem Antisemitismus, etwa bei der Gesetzgebung oder im Erziehungswesen. Im Vorfeld der Konferenz konnten sich die OSZE- Staaten bereits darauf verständigen, Informationen über antisemitische Übergriffe und über Initiativen zur Bekämpfung des Antisemitismus zu sammeln und regelmässig darüber zu berichten. Von mehreren Rednern wurde betont, es bestehe in diesem Zusammenhang die grosse Gefahr, dass Vorurteile an die Stelle von Fakten treten. Zuverlässige statistische Angaben über antisemitische Aktivitäten seien aber eine wichtige Voraussetzung für die ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Phänomen.
Gutgeheissen wurde der Vorschlag einiger Delegationen, dass gerade von der deutschen Hauptstadt aus eine eindringliche Botschaft an die Regierungen der Mitgliedsstaaten ergehen sollte, weil Berlin in der Zeit der national-sozialistischen Herrschaft Mittelpunkt judenfeindlicher Aktionen gewesen sei. Diese Botschaft sollte in die Form eines Manifestes, das jedes Jahr am Holocaust-Gedenktag (27. Januar) in der Schule verlesen werden sollte, gekleidet werden.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Spiegel, hatte zu Beginn der Konferenz die Sorgen der in Europa lebenden Juden formuliert, indem er auf die Zunahme der gewaltsamen Übergriffe und antisemitischen Schmähungen hinwies. Eine Studie des Wiener EU-Zentrums zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit konstatiert für die Jahre 2002 und 2003 einen beträchtlichen Anstieg dieser Delikte in vielen Staaten. Der Bericht zeigt aber auf den wichtigen Mangel einer offiziellen Berichterstattung über Antisemitismus hin, nämlich die von Land zu Land sehr unterschiedliche Datenbasis. Vorgesehen ist, das OSZE-Büro für Menschenrechtsfragen mit der Beobachtung des Antisemitismus zu beauftragen, um so die Mitgliedsländer zur Berichterstattung über entsprechende Vorkommnisse anzuhalten.
Ein weiteres Thema war die Gewaltbereitschaft von Islamisten. Oft führen Versuche, mit Kriminalstatistiken und Meinungsumfragen antijüdischen Ressentiments auf den Grund zu gehen, zu sich widersprechenden Befunden. Laut einer Umfrage der Anti Defamation League (ADL) in zehn europäischen Ländern gehen antisemitische Einstellungen allerdings deutlich zurück. Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass vor allem Islamisten zunehmend Juden attackieren, der Antisemitismus in breiten Schichten aber nachlässt.
Die wachsende Gewaltbereitschaft innerhalb der muslimischen Einwanderergruppen wird auch als Folge des Nahostkonflikts gesehen und kam ebenfalls, wie der Antisemitismus in Osteuropa, in Berlin zur Sprache.
Die Konferenz verabschiedete eine Schlusserklärung, in welcher sich die OSZE-Teilnehmerstaaten verpflichten, verlässliche Informationen und Statistiken über antisemitische Übergriffe in ihren Ländern zu sammeln, auszuwerten und zu veröffentlichen. Weiter sollen die nationalen Rechtssysteme ein sicheres Leben frei von antisemitischer Verfolgung, Gewalt oder Diskriminierung garantieren. Die Berliner Erklärung ruft die Teilnehmerstaaten auch dazu auf, verstärkt Bildungsprogramme zur Bekämpfung der Judenfeindlichkeit und zur Erinnerung an den Holocaust zu lancieren.
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