ikr: Fall BUWOG - Richterliche Unabhängigkeit
Vaduz (ots/ikr) -
In Anbetracht der aktuellen Berichterstattung zum kürzlich ergangenen Beschluss des Fürstlichen Obergerichtes, womit die Rechtshilfe und damit die Beschlagnahme und Ausfolgung von Unterlagen im Fall BUWOG für unzulässig erklärt wurde, erachtet es Justizministerin Aurelia Frick für sinnvoll, zum Verhältnis zwischen Regierung und Gericht Stellung zu nehmen:
"Die richterliche Unabhängigkeit ist ein fundamentaler Grundsatz eines jeden Rechtsstaates. Sie wird nicht nur durch die EMRK, sondern auch durch die liechtensteinische Verfassung gewährleistet. In Art. 95 Abs. 2 der Verfassung heisst es ausdrücklich, dass die Richter in der Ausübung ihres richterlichen Amtes innerhalb der gesetzlichen Grenzen ihrer Wirksamkeit und im gerichtlichen Verfahren unabhängig sind. Einwirkungen durch nicht richterliche Organe sind nur zulässig, wenn sie die Verfassung ausdrücklich vorsieht. Eine diesbezügliche Befugnis kommt der Regierung nicht zu.
Auch dem liechtensteinischen Gesetzgeber war es ein wesentliches Anliegen, die Unabhängigkeit, die Unabsetzbarkeit und die Unversetzbarkeit der Richter als fundamentalen Grundsatz der Rechtspflege in einem demokratischen Rechtsstaat gesetzlich zu verankern. So heisst es im Richterdienstgesetz, dass die Richter in der Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig und nur dem Recht verpflichtet sind.
Die richterliche Unabhängigkeit umfasst nicht nur die Urteilsfällung, sondern auch die gesamte Prozessführung durch den Richter. Unzulässig ist nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Einwirkung von nicht richterlichen Organen auf die Rechtsprechung. Das bedeutet, dass Fürst, Landtag und Regierung auch nicht durch administrative Massnahmen Einfluss auf die Rechtsprechung nehmen dürfen.
Vor diesem Hintergrund obliegt auch eine allfällige Enthebung eines Richters von seinem Amt und die Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen einen Richter ausschliesslich den Gerichten.
Eine Aufsicht über die Justizverwaltung können Regierung und Landtag nur nach Massgabe der Verfassung, also unter Achtung der richterlichen Unabhängigkeit, ausüben. Grundlage dieser Aufsicht sind die jährlichen Berichte der Gerichtspräsidenten über die Justizpflege zuhanden der Regierung und des Landtages sowie die Revision. Selbst diese ist keine Aufsicht über die Richter und die Gerichte. Vielmehr geht es dabei um eine Prüfung der Gerichte in aufbau- und ablauforganisatorischer Hinsicht.
Diesem fundamentalen Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit sehe ich mich absolut verpflichtet. Als Justizministerin eines demokratischen Rechtsstaates bin ich nicht bereit, diesen Grundsatz zu durchbrechen - auch nicht aufgrund eines undifferenzierten und polemischen Medienberichtes im Inland".
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Edgar Nipp, Ressortsekretär
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