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Eidg. Steuerverwaltung ESTV

ESTV: Auswirkungen der geplanten Unternehmenssteuerreform II: Gutachten sieht positive volkswirtschaftliche Effekte

Bern (ots)

11. Feb 2003 (ESTV) Zur Vorbereitung der
Unternehmenssteuerreform II bezieht die Eidg. Steuerverwaltung 
(ESTV) die Wissenschaft mit ein. Ein von ihr in Auftrag gegebenes 
Gutachten analysiert das Reformszenario und liefert damit neue 
Entscheidungsgrundlagen. Das Gutachten von Professor Christian 
Keuschnigg (Universität St. Gallen) verspricht langfristig eine 
Zunahme des Kapitalstocks um 1,4%, Wachstum bei den Löhnen (+0,6%), 
beim privaten Konsum (+0,6%), beim Bruttoinlandprodukt (+ 0,5%) und 
bei der Beschäftigung (+0,3%). Die Wirkungen der Steuerreform treten 
allerdings nicht sofort ein, sondern werden erst nach einer gewissen 
Anpassungsphase stärker spürbar. Im Einklang mit der bundesrätlichen 
Vorgabe liefert das Gutachten wichtigen Diskussionsstoff und ebnet 
das Terrain für eine Versachlichung der Debatte über eine weitere 
Unternehmenssteuerreform.
Das Gutachten von Professor Keuschnigg umfasst wichtige 
Entscheidungsgrundlagen im Hinblick auf die Unternehmenssteuerreform 
II. So weist es nach, dass eine Milderung der wirtschaftlichen 
Doppelbelastung auf ausgeschütteten Gewinnen von 
Kapitalgesellschaften und eine Ermässigung bei der Vermögenssteuer 
die Investitionsanreize stärken (vgl. Kasten Reformszenario). 
Demgegenüber wirkt sich die effektivere Besteuerung von 
Beteiligungsgewinnen investitionshemmend aus. Als Nettoeffekt ergibt 
sich jedoch im Mittel der Finanzierungswege eine leichte Absenkung 
der Grenzsteuerbelastung (vgl. Kasten Auftrag) und damit ein 
moderater Investitionsanreiz. Das Reformszenario verspricht somit 
Wachstumsgewinne. Langfristig sollte der Kapitalstock, d.h. die 
durch die Investitionen gebildeten Produktionsmittel, um etwa 1,4% 
zunehmen. Die höhere Kapitalintensität steigert die 
Arbeitsproduktivität und damit die Löhne um knapp 0,6%, den privaten 
Konsum um gut 0,6%, das Bruttoinlandprodukt um nahezu 0,5% und die 
Beschäftigung um 0,3% oder um 10'000 Arbeitsplätze.
Der Auftrag
Gestützt auf den am 12. Juli 2001 veröffentlichten Bericht der 
Expertenkommission rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung hat 
der Bundesrat am 21. September 2001 das Eidg. Finanzdepartement EFD 
beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage für eine 
Unternehmenssteuerreform II zu erarbeiten. Kern dieser Reform ist 
eine Milderung oder gar Beseitigung der wirtschaftlichen 
Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne von Kapitalgesellschaften. 
Vorgesehen ist eine Reduktion der Einkommenssteuer auf Dividenden 
und eine Besteuerung von Gewinnen aus der Veräusserung von 
Beteiligungen mit dem gleichen Vorzugssteuersatz von 60%. Die ESTV 
gab bei Professor Christian Keuschnigg von der Universität St. 
Gallen ein Gutachten zu den ökonomischen Auswirkungen dieser Reform 
in Auftrag. Keuschnigg führte die Berechnungen auf der Basis eines 
empirisch implementierten Gleichgewichtsmodells der Schweiz durch, 
welches die Besteuerung insgesamt und die Unternehmensbesteuerung im 
Detail, getrennt nach Personen- und Kapitalgesellschaften, abbildet.
Die steuerlichen Investitionsanreize wurden mit dem Konzept der 
effektiven Grenzsteuerbelastung gemessen. Bei dieser Methode wird 
jene Steuerbelastung ermittelt, die auf einem zusätzlich 
investierten Franken lastet.
Die Wirkungen der Steuerreform treten laut Keuschnigg allerdings 
nicht sofort ein, sondern werden erst nach einer gewissen 
Anpassungsphase stärker spürbar. Die langfristigen Effekte müssen 
deshalb als Obergrenzen verstanden werden. Zunächst führen die 
zusätzlichen Investitionsanreize zur Bildung von mehr Kapital. Mit 
kapitalintensiverer Produktion steigt sodann die 
Arbeitsproduktivität, so dass auf diesem Wege die Arbeitnehmer in 
Form von höheren Reallöhnen an den Einkommensgewinnen teilhaben 
können. Von der Reform profitieren somit nicht nur die Investoren, 
sondern auch die Arbeitnehmer.
Finanzierungswege: bestehende Verzerrungen werden abgebaut
Die heutige Situation ist durch eine überaus starke steuerliche 
Begünstigung der Selbstfinanzierung (Finanzierung über einbehaltene 
Gewinne) gegenüber der Anteilsfinanzierung (Finanzierung durch 
Ausgabe von neuem Eigenkapital) charakterisiert. Deshalb werden 
Gewinne in hohem Masse einbehalten und allenfalls auch ineffizient 
eingesetzt. Würden sie an die teilhabenden Aktionäre ausgeschüttet 
und von diesen über den Kapitalmarkt reinvestiert, kämen sie den 
Unternehmen mit den rentabelsten Investitionsprojekten und den 
grössten Wachstumsaussichten zugute.
Laut Gutachten beseitigt die Reform zu einem erheblichen Teil die 
Diskriminierung der Anteilsfinanzierung gegenüber der 
Selbstfinanzierung und führt zu einer vorteilhaften Angleichung der 
Finanzierungskosten für die beiden Wege der 
Eigenkapitalfinanzierung. Die Eigenkapitalkosten als gewogenes 
Mittel zwischen der etwas teureren Selbstfinanzierung und der 
deutlich billigeren Anteilsfinanzierung nehmen insgesamt von 8,0% 
auf 7,8% ab. An den Fremdfinanzierungskosten ändert die Reform 
nichts. Da sich aber Eigenkapital relativ zur Fremdfinanzierung 
verbilligt, resultiert ein leichter Rückgang der Verschuldungsquote 
der Kapitalgesellschaften. Somit trägt die Steuerreform auch zu 
einer Stärkung der Eigenkapitalbasis der Unternehmen bei.
Kapitalgesellschaften werden attraktiver
Neben den Finanzierungsentscheidungen von Kapitalgesellschaften 
beeinflusst die Steuerreform ebenfalls die Rechtsformwahl der 
Unternehmen. Im Reformvorschlag, der den Berechnungen des Gutachtens 
zugrunde liegt, erfahren Personenunternehmen zwar keine Änderung in 
der steuerlichen Behandlung, hingegen wird die Grenzsteuerbelastung 
von Investitionen in Kapitalgesellschaften abgebaut. Die Rechtsform 
der Kapitalgesellschaft wird deshalb für kleinere und mittlere 
Unternehmen (KMU) steuerlich attraktiver. Dies dürfte insbesondere 
die Wachstumschancen kleinerer, innovativer Unternehmen mit hohem 
Kapitalbedarf verbessern.
Reform finanziert sich teilweise selbst
Die Reform bewirkt kurzfristig Mindererträge von 0,7 Milliarden 
Franken oder von 0,75% des gesamten Steueraufkommens von Bund, 
Kantonen und Gemeinden. Langfristig werden diese auf lediglich 0,5% 
des Steueraufkommens veranschlagt, weil die Reform mit der Zeit 
zusätzliches Wachstum und damit höhere Steuereinnahmen generiert.
Auskunft zum Gutachten:
Bruno Jeitziner, Eidg. Steuerverwaltung, Tel. 031 324 91 35
Martin Daepp, Eidg. Steuerverwaltung, Tel. 031 322 73 88
Kurt Dütschler, Eidg. Steuerverwaltung, Tel. 031 322 73 77
Auskunft zum Reformprojekt:
Angelo Digeronimo, Eidg. Steuerverwaltung, Tel. 031 322 71 58
Das Reformszenario
Die Unternehmenssteuerreform II will die wirtschaftliche 
Doppelbelastung ausge-schütteter Gewinne von Kapitalgesellschaften 
mildern (d.h. zuerst werden die Gewinne der Unternehmen besteuert, 
hernach die ausgeschütteten Dividenden auch noch von der 
Einkommenssteuer sowie der Verrechnungssteuer erfasst). Dadurch 
sollen die Anreize für Investitionen verbessert werden. Gleichzeitig 
wird über eine Annäherung an die Finanzierungs- und 
Rechtsformneutralität eine effizientere Allokation der Ressourcen 
angestrebt. Der Reformvorschlag umfasst folgende Massnahmen:
(1) Teilbesteuerung (60%) der Dividendenbezüge bei der 
Einkommenssteuer;
(2) Teilbesteuerung (60%) der Beteiligungsgewinne bei der 
Einkommenssteuer;
(3) Teilbesteuerung (60%) des Beteiligungswertes bei der 
Vermögenssteuer.
Die Massnahmen sind auf qualifizierende Beteiligungen beschränkt, 
d.h. solche mit einem Mindestanteil von 5% am Gesellschaftskapital 
oder einem Beteiligungswert bei Erwerb (Gestehungskosten) von 
mindestens 1 Million Franken.
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
Eigerstrasse 65
CH-3003 Bern
http://www.estv.admin.ch

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