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Schweiz. Gesundheitsobservatorium

Moderate Zunahme der Pflegebedürftigkeit zu erwarten

Neuenburg (ots)

Eine Studie des Schweizerischen
Gesundheitsobservatoriums weist nach, dass die Zahl der
pflegebedürftigen Menschen in den kommenden Jahren weniger stark als
befürchtet zunehmen wird. Wichtigste Ursache dafür: Wir werden nicht
nur immer älter, sondern altern auch gesünder. Eine gezielte
Förderung der Prävention bei alten Menschen könnte die Zahl der
Pflegefälle weiter deutlich senken.
Die Bevölkerungspyramide steht in der Schweiz zunehmend Kopf:
Heutzutage werden weniger Menschen geboren, dafür leben sie im
Schnitt immer länger. Diese Entwicklung lässt befürchten, dass das
Schweizer Gesundheitswesen sich in den kommenden Jahrzehnten mit
einer "Lawine" zusätzlichen Alterspflegefällen auseinandersetzen
muss. Für die Planung der Ressourcen und Strukturen im
Gesundheitswesen ist es deshalb von zentraler Bedeutung, die
Entwicklung der Pflegebedürftigkeit in den kommenden Jahren und
Jahrzehnten abschätzen zu können.
François Höpflinger, Professor für Soziologie der Universität
Zürich und Valérie Hugentobler, Politologin des Institut
Universitaire Âge et Generations in Sion haben im Auftrag des
Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zu diesem Thema eine Studie
verfasst *. Sie zeigt, dass die behinderungsfreien Jahre stärker
zunehmen als die gesamte Lebenserwartung. Mit anderen Worten: Wir
werden nicht nur älter, sondern gesünder älter. Die künftigen
Seniorinnen und Senioren leben unter anderen Bedingungen und altern
anders als frühere Generationen: die Lebensbedingungen, die
medizinische Versorgung sowie die Bildung haben sich verbessert.
Positive Effekte von Prävention und Therapie
Gegenwärtig sind zwischen 109'000 bis 126'000 ältere Menschen in
der Schweiz pflegebedürftig, d.h. sie sind nicht mehr in der Lage,
ihren Alltag selbständig zu bewältigen. Dies entspricht zwischen 9,8%
bis 11,4% aller über 64jährigen Menschen. Je nach
Bevölkerungsszenario würde in der Folge die Zahl älterer und
hochbetagter Pflegebedürftiger bis zum Jahre 2020 auf 144'000 bis
172'000 Personen ansteigen. Diese lineare Projektion erweist sich
aber als unrealistisch, wie Höpflinger und Hugentobler nachweisen.
Fortschritte in der Medizin und in der Prävention  können das
Problem steigender Pflegebedürftigkeit deutlich entschärfen.
Insgesamt wird die Zahl der älteren pflegebedürftigen Menschen
zwischen 2000 bis 2020 zwar ansteigen. Realistischer Weise sind aber
126'000 bis 150'000 Pflegebedürftige zu erwarten. Wie gross die
Auswirkungen therapeutischer Fortschritte ist, zeigt das Beispiel der
Demenz: Kann im Jahre 2030 das Ausbrechen von Demenzstörungen um zwei
Jahre verzögert werden, werden jährlich rund 20 000 Menschen weniger
pflegebedürftig.
Mehr Prävention und Pflege zu Hause
Der Effekt demographischer Alterung kann also abgeschwächt, aber
nicht vollständig aufgehoben werden. Die Anforderungen an das
schweizerische Gesundheitswesen werden daher auch im Pflegebereich in
den nächsten Jahrzehnten steigen. Dies ist gesundheitspolitisch von
grosser Bedeutung. "Prävention muss sich vermehrt auch auf alte
Menschen ausrichten", sagt François Höpflinger. "Zudem müssen die
Strukturen der Pflege angepasst werden - eine Verlagerung von der
medizinischen Akutpflege zur pflegerischen Langzeitbetreuung sollte
stattfinden. Solche Pflege könnte auch vermehrt ambulant geschehen."
Die Regelung und Finanzierung namentlich der Langzeitpflege im Alter
sind auch in der Schweiz neu zu organisieren. Eine offene Diskussion
verschiedener Formen einer Pflegeversicherung ist daher dringend
nötig.
In einer zweiten Studie klären nun Höpflinger und Hugentobler ab,
in wie weit die Strukturen des Gesundheitswesens in der Schweiz der
voraussichtlichen Entwicklungen in der Pflege genügen und welcher
Handlungsbedarf bei Bund und Kantonen besteht. Das Ergebnis dieser
Analyse sollte zu Beginn des Jahres  2004 vorliegen.
* François Höpflinger und Valérie Hugentobler: Pflegebedürftigkeit
in der Schweiz - Prognosen und Szenarien für das 21. Jahrhundert;
Hans-Huber Bern 2003. CHF 39.80 / Euro 22.95 (ISBN 3-456-84011-X)

Kontakt:

Peter C. Meyer
Leiter Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
Tel. +41/32/713'61'31

Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
c/o Office fédéral de la statistique
Espace de l'Europe 10
CH-2010 Neuchâtel
Tél +41/32/713'60'45
Fax +41/32/713'66'54
E-mail: obsan@bfs.admin.ch
Internet: http://www.obsan.ch

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