Städteinitiative Sozialpolitik
Sozialhilfe 2006 - Leichte Entspannung aber keine Entwarnung - Kennzahlenvergleich der Städteinitiative Sozialpolitik
Bern/Luzern (ots)
Leicht sinkende Fallzahlen in der Sozialhilfe mehrerer Städte gegenüber dem Jahr 2005 - das ist ein Indiz dafür, dass sich die Konjunktur langsam auf die Sozialhilfe auswirkt. Doch einige Städte verzeichnen auch im Jahr 2006 noch wachsende Zahlen. Im Vergleich mit dem Jahr 2000 zeigt sich eine Stabilisierung auf hohem Niveau. Acht Schweizer Städte - Zürich, Basel, Bern, Winterthur, St. Gallen, Luzern, Schaffhausen und Uster - haben zum achten Mal in Folge Kennzahlen zur Sozialhilfe verglichen. Im Unterschied zu den kürzlich publizierten schweizerischen Zahlen des Bundesamtes für Statistik für 2005 handelt es sich hier um die aktuellen Zahlen 2006.
Während ein Jahr zuvor noch von einem gebremsten Wachstum die Rede war, sanken 2006 die Zahlen in fünf Städten: um 1.5% in Zürich, Basel und Winterthur, deutlich mit rund 7% in Schaffhausen und Uster. Bern, St. Gallen und Luzern verzeichneten Fallzunahmen, gegenüber dem Vorjahr aber nochmals abgeschwächt. Diese uneinheitliche Entwicklung spiegelt einerseits regional unterschiedliche Auswirkungen der Konjunktur, anderseits aber auch die föderale Regelung der Sozialhilfe; die neuen SKOS-Richtlinien zur Bemessung der Sozialhilfe werden nicht in allen Kantonen gleich umgesetzt.
Gruppe der 50- bis 65-Jährigen wächst - Kinder am stärksten betroffen
Die Sozialhilfequoten (Personen in Prozent der Wohnbevölkerung, die mindestens einmal jährlich Sozialhilfe bezogen haben) divergieren je nach Bevölkerungsgruppe und Stadt. Kinder und Jugendliche sind von allen Altersgruppen nach wie vor markant am stärksten betroffen. Hoch ist die Quote auch bei den jungen Erwachsenen, insbesondere in den grossen Städten Zürich (8.5%) und Basel (11.9%). Bei den 50 - 65-Jährigen ist die Sozialhilfequote in den letzten Jahren gestiegen. Mit zunehmendem Alter sinken ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt, vor allem nach einer längeren Arbeitslosigkeit oder bei angeschlagener Gesundheit. Und die verschärfte IV-Praxis wirkt sich hier ebenfalls aus.
In den meisten der Städte sind die Nettokosten pro Fall gegenüber 2005 gestiegen auf durchschnittlich knapp 11 000 Franken. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon ist der zunehmende Beratungs- und Betreuungsaufwand, unter anderem für die Arbeitsintegration, ein anderer die sinkende Rückerstattung aus den Sozialversicherungen. Die Invalidenversicherung (IV) spricht weniger Renten und fällt zudem Rentenentscheide weniger rasch, und der Leistungsabbau in der Arbeitslosenversicherung (ALV) seit 2003 ist in der Sozialhilfe nach wie vor spürbar.
Arbeitsintegration konsequent umsetzen
Die Städte haben ihre Anstrengungen, Sozialhilfe Beziehende in den Arbeitsmarkt zurückzuführen oder in Integrationsprogrammen zu beschäftigen, in den letzten Jahren verstärkt und tragen die Kosten für diese Investitionen. Noch ist aber die Nachfrage nach Integrationsplätzen grösser als das Angebot, um die Anreizinstrumente der SKOS-Richtlinien voll zum Tragen zu bringen. Vor allem die Wirtschaft muss bereit sein, tatsächlich vermehrt Leute zu beschäftigen, die länger arbeitslos waren oder nicht hoch qualifiziert sind.
Auch in der IV ist jetzt die viel beschworene Arbeitsintegration mit aller Konsequenz zu verfolgen. Sollte dies nicht gelingen, droht wiederum zusätzlicher Druck auf die Sozialhilfe. Auch die Vorschläge zur Sanierung der ALV (z.B. längere Beitragszeit für volle Leistung, Reduktion der Bezugsdauer für bestimmte Gruppen; kein Taggeld mehr nach Beschäftigungsprogrammen) lassen befürchten, dass, wie schon 2003, die Probleme an die Sozialhilfe und damit auf die Städte und Gemeinden weitergereicht werden. Besonders unverständlich ist die Absicht, den Beitrag der ALV für arbeitsmarktliche Integrationsmassnahmen zu reduzieren.
Keine zweite Sanierung der Arbeitslosenversicherung auf Kosten der Städte
Die Städteinitiative Sozialpolitik wendet sich entschieden gegen eine zweite Sanierung der ALV auf Kosten der Städte. Bei boomender Wirtschaft darf es nicht sein, dass sich die sozialen Probleme weiter verschärfen, und dies auf Kosten von Personen, die der Arbeitsmarkt ausschliesst, und der Städte. Weitere Aufgaben für die Städte hält schon das neue Ausländer- und Asylgesetz bereit, das ihnen die Verantwortung und Kosten für die Integration überträgt. Und das gleiche droht bei der Pflegefinanzierung.
Medienrohstoff und vollständiger Kennzahlenbericht mit zahlreichen Grafiken: www.staedteinitiative.ch / Aktuell
Für Fragen stehen zur Verfügung: Ruedi Meier Präsident Städteinitiative Sozialpolitik, Stadtrat/Sozialdirektor Luzern Tel.: +41/41/208'81'32
Michael Hohn Abteilungsleiter Sozialamt Stadt Bern Tel.: +41/31/321'63'28
Kontaktpersonen für Fragen zu einzelnen Städten: Zürich Rosann Waldvogel, Direktorin Soziale Dienste Tel.: +41/44/412'62'20
Basel Rolf Maegli, Vorsteher Sozialhilfe der Stadt Basel Tel.: +41/61/685'16'87
Bern Michael Hohn, Abteilungsleiter Sozialamt Stadt Bern Tel.: +41/31/321'63'28
Winterthur Ernst Schedler, Leiter Soziale Dienste Tel.: +41/79/438'49'94
St. Gallen Doris Schwizer, Abteilungsleiterin Sozialamt Tel.: +41/71/224'54'62
Luzern Ruedi Meier, Stadtrat/Sozialdirektor Luzern Tel.: +41/41/208'81'32
Schaffhausen Beat Schmocker Leiter Soziale Dienste Tel.: +41/52/632'54'11
Uster Armin Manser Abteilungsleiter Soziales Tel.: +41/44/944'72'28