PD: Neue familienpolitische Entscheide der SGK-N
(ots)Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates setzte an ihrer letzten Sitzung in der laufenden Legislatur einige familienpolitische Schwerpunkte. Zur gezielten Bekämpfung von Kindern in Armut sollen drei Varianten spezieller Ergänzungsleistungen in die Vernehmlassung geschickt werden. Mit einer Motion strebt die Kommission eine Vereinheitlichung der Alimentenbevorschussung und des Alimenteninkassos auf Bundesebene an. Weiter soll die Säule 3a auf nichterwerbstätige Personen ausgedehnt werden.
Den Schwerpunkt der letzten Sitzung der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates bildete ein Bericht der Subkommission "Familienpolitik". Ausgangspunkt des Berichts sind die zwei Parlamentarischen Initiativen Ergänzungsleistungen für Familien Tessiner Modell (00.436 n Fehr Jacqueline und 00.437 n Meier-Schatz), die die Einführung eines Modells der Ergänzungsleistungen für Familien nach dem Tessiner Modell verlangten und welchen der Nationalrat in seiner Session in Lugano am 21. März 2001 Folge gab. Im Kern schlägt der Bericht zur Bekämpfung der Armut von Kindern und Familien drei Modelle vor: Modell A zielt darauf ab, den Mangel an finanziellen Mitteln der ganzen Familie zu decken, dies namentlich durch einen Mietzinsabzug. Modell B orientiert sich strikter am Tessiner Modell. Dieses geht von der Annahme aus, dass die Eltern grundsätzlich selber für ihre Bedürfnisse aufzukommen haben und die zusätzlichen Ergänzungsleistungen deshalb ausschliesslich den Mangel beim Unterhalt der Kinder beheben sollen. Modell C schliesslich ist eine Mischform von A und B. Von den Wirkungen her besitzt Modell A gewisse Vorteile für Einelternfamilien während die Modelle B und C eher Vorteile für kinderreiche Familien haben würden. Zentral ist bei allen Modellen, dass ein Anreiz für eine Erwerbsarbeit geschaffen wird, in dem unabhängig davon, ob jemand einer Erwerbstätigkeit nachgeht, ein hypothetisches Grundeinkommen angerechnet werden soll. Zusätzlich zu den eigentlichen Ergänzungsleistungen gehört dazu auch eine Vergütung der Betreuungskosten. Dieser Anreiz zur Erwerbsarbeit ist auch wichtig, weil die Berechtigung an solchen Ergänzungsleistungen vorübergehender Natur ist und mit dem Erwachsenwerden der Kinder weg fällt. Der Vorteil aller Modelle ist, dass sie sich in das bereits bestehende System der Ergänzungsleistungen einfügen würden. Die geschätzten Gesamtkosten jedes Modells würden sich jährlich auf rund 880 Millionen Franken belaufen, davon rund 125 Millionen Franken für Vergütungen von Betreuungskosten. Gemäss dem im Neuen Finanzausgleich vorgesehenen Finanzierungsschlüssel müsste der Bund 5/8 und die Kantone 3/8 der Kosten übernehmen. Die Kommission favorisiert klar die Modelle A und B, und hier im Verhältnis von 3:2 das Modell A. Der an die Resultate der Kommissionsdiskussion angepasste Bericht soll in der nächsten Sitzung vom 15./16. Januar 2004 definitiv verabschiedet und dann den interessierten Kantonen und Organisationen zur Vernehmlassung unterbreitet werden.
Thematisch zu diesem Bereich gehören auch die von Nationalrätin Franziska Teuscher am 28. November 2002 eingereichte Parlamentarische Initiative 02.465 n Gesicherter Lebensunterhalt für Kinder in Einelternfamilien sowie die vom Verband alleinerziehender Mütter am 14. November 2002 eingereichte Petition Existenzsicherndes Einkommen für jedes in Einelternfamilie lebende Kind (02.2028 n). Beide Vorlagen wollen einerseits, dass für jedes in einer Einelternfamilie lebende Kind, zu dessen Lebensunterhalt der andere Elternteil nicht oder ungenügend beiträgt, ein existenzsicherndes Grundeinkommen eingeführt werden muss und andererseits, dass die Alimentenbevorschussung und das -inkasso auf Bundesebene eingeführt und in das Sozialversicherungssystem eingegliedert werden. Da das erste Anliegen Teil des weiter gefassten Konzepts der SGK-N im Zusammenhang mit Ergänzungsleistungen für Familien ist, zog Nationalrätin Franziska Teuscher ihre Initiative nach ausgiebiger Diskussion zurück. Dies insbesondere auch deshalb, weil die SGK-N mit 13 zu 0 stimmen bei 6 Enthaltungen einer Kommissionsmotion zu Teil 2 der Initiative zustimmte. Die Motion verlangt vom Bundesrat, Vorschläge zur Harmonisierung der Rechtsgrundlagen betreffend Alimentenbevorschussung und Alimenteninkasso zu erarbeiten. Damit gab - auch im Zusammenhang mit den Ergänzungsleistungen für Familien die SGK-N gleichzeitig der Petition Folge, womit der Antrag zur Abschreibung der Petition verbunden ist.
Bei der am 16. März 1998 von Nationalrätin Franziska Teuscher eingereichten Parlamentarischen Initiative 98.406 n Krankenversicherung. Verbot der Benachteiligung von Frauen, der der Nationalrat am 4. Oktober 1999 Folge gab, beantragt die Kommission mit 10 zu 9 Stimmen, diese abzuschreiben, nachdem sie die Beratungen bis zu den absehbaren Ergebnissen der KVG-Revision (00.079) hinausgeschoben hatte. Hauptargument für diesen Entscheid war, dass heute immerhin rund die Hälfte der angebotenen Zusatzversicherungen keine Prämienunterschiede zwischen Frauen und Männern mehr kennen, womit grundsätzlich eine Wahlfreiheit gegeben sei. Die Kommission will deshalb zu diesem Zeitpunkt keine eigene Vorlage erarbeiten. Angesichts verschiedener offener Fragen und eines allgemeinen Unbehagens in Bezug auf die Situation bei den Zusatzversicherungen beschloss die Kommission aber mit 19 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung ein Postulat, das den Bundesrat auffordert, in einem Bericht das Verhältnis von sozialer Grundversicherung und Zusatzversicherungen unter dem Aspekt des verfassungsmässigen Rechtsgleichheits- und Diskriminierungsverbots und in Bezug auf die gemachten Krankheitsvorbehalte zu analysieren und Gesetzgebungsvorschläge zu machen. Der Text wird noch bereinigt und von der Kommission an ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2003 verabschieden werden.
Schliesslich beschloss die SGK-N betreffend der von Nationalrätin Lili Nabholz am 21. März 1996 eingereichten Parlamentarischen Initiative 96.412 n Öffnung der Säule 3a für nichterwerbstätige Personengruppen mit 12 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung, eine Subkommission zur Ausarbeitung einer Vorlage einzusetzen. Eine Minderheit wollte insbesondere mit Verweis auf die Situation der Bundesfinanzen die Abschreibung der Initiative beantragen. Die Parlamentarische Initiative "Nabholz", der der Nationalrat am 21. März 1997 Folge gab, wurde 1998 im Zusammenhang mit dem Runden Tisch von Bundesrat Villiger bis zum Sommer 2001 sistiert. Die SGK-N schob dann ihrerseits die Beratungen solange hinaus, bis die Beschlüsse zur 1. BVG-Revision bekannt waren.
Die Sitzung fand unter dem Vorsitz von Toni Bortoluzzi (SVP, ZH) am 24./25. November 2003 in Kappel am Albis (ZH) statt. Zur Verabschiedung des Kommissionspräsidenten lud am 24. November 2003 die Regierung des Kantons Zürich, vertreten durch Frau Regierungsrätin Dorothée Fierz, zum Nachtessen ein. Als Gast der Kommission nahm ebenfalls alt Bundsrätin Ruth Dreifuss teil.
Bern, 26. November 2003 Parlamentsdienste
Auskünfte: Nationalrat Toni Bortoluzzi, Tel. 01 761 36 46, Natel 079 348 80 43 Urs Hänsenberger, Kommissionssekretär, Tel. 031 324 01 47