Media Service: Heute in der "Handelszeitung" vom 1. September 2010
Zürich (ots)
Nobel Biocare-CEO Domenico Scala: "Gesunde Paranoia gehört zum Geschäft"
Der Zahnimplantatehersteller Nobel Biocare kommt mehr schlecht als recht durch die Krise. Seit 2008 sinken Umsatz und Gewinn. Zudem hat das Unternehmen Marktanteile verloren, weil sowohl Ländermix als auch Produktemix in wirtschaftlich harten Zeiten ungünstig sind: Nobel Biocare bietet eher teure Lösungen an und ist zum Beispiel stark in Spanien vertreten, aber schwach in Deutschland. "Daher haben wir uns in der Krise schlechter als der Markt entwickelt - so wie wir in der Hochkonjunktur besser als der Markt waren", sagt CEO Domenico Scala im Interview mit der "Handelszeitung". Nun gibt er zwar Gegensteuer, aber er hat damit zu spät angefangen. Scala will den Zahnärzten technologisch neue und billigere Lösungen für dritte Zähne verkaufen. Zudem setzt er neben den Schrauben (Implantate) stärker auf künstliche Zähne (Prothesen), die er industriell fertigen lässt. "Heute sind wir so weit, dass wir mit derartigen Produkten qualitativ nicht nur an die handgefertigten herankommen, sondern diese übertreffen, insbesondere in der Präzision." Früchte tragen wird der Umbau frühestens in einem Jahr. "Den bisher akkumulierten Gap können wir bis Ende Jahr nicht aufholen", sagt Scala. Er rechnet mit 9 bis 12 Monaten, um zum Marktwachstum aufzuschliessen. Immerhin: Wenn die Neuausrichtung gelingt, dürfte Nobel Biocare wenigstens für die nächste Krise besser gerüstet sein.
Saläre: Wo höhere Löhne drinliegen
In den diesjährigen Lohnverhandlungen halten die Arbeitnehmenden viele Trümpfe in der Hand: Die Schweizer Firmen überraschen mit hervorragenden Abschlüssen. "Weil die Konjunktur derzeit in verschiedenen Binnensektoren wie etwa der Bauwirtschaft oder dem Dienstleistungssektor stark läuft, können dort signifikantere Lohnerhöhungen erwartet werden", sagt Daniel Kalt, Leiter volkswirtschaftliche Analyse bei UBS Wealth Management Research gegenüber der "Handelszeitung". "2 bis 3%" dürften in diesen Wirtschaftssektoren laut Kalt durchaus drinliegen. Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, stützt diese Sicht: "Auf dem Bau etwa werden Überstunden gemacht." Das Argument der Krise werde missbraucht: "Die Binnenwirtschaft beispielsweise war gar nie in der Krise", so Lampart. Die Gewerkschaft Syna will im Bau und der Dienstleistungsbranche darum bis zu 3% mehr Lohn durchsetzen. Martin Fehle, Vizedirektor des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV), reagiert gelassen: "Die konkreten Abschlüsse weichen in der Regel deutlich von den ursprünglichen Vorstellungen ab", betont er mit Blick auf die Lohnverhandlungen. Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), spricht davon, dass "gesamtwirtschaftlich eine moderate Lohnerhöhung möglich sein sollte". Doch nicht alle werden profitieren: Schlechter sieht es für all die Angestellten aus, deren Firmen ihr Geld im Handel mit dem Ausland verdienen. "In den stark gebeutelten Unternehmungen der Exportindustrie sind die Spielräume für Lohnerhöhungen klein", sagt Thomas Daum, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes. KOF-Leiter Sturm warnt davor, die Wettbewerbsfähigkeit durch überhöhte Lohnschritte zu gefährden. "Der deutsche Exportmotor läuft unter anderem wegen der dortigen Lohnzurückhaltung in den letzten Jahren so gut."
Ethos-Präsident Kaspar Müller: "UBS und CS werden bevorzugt"
In der Too-big-to-fail-Diskussion meldet sich nun die Aktionärsvertreterin Ethos zu Wort. "Systemrelevante Banken müssten mindestens eine Eigenkapitalquote von 10% haben", fordert Ethos-Präsident Kaspar Müller im Interview mit der "Handelszeitung". Wenn auch noch ein Investment Banking betrieben werde, müsse die Quote gar auf 15% angehoben werden. "Solange eine Bank nur eine Eigenkapitalquote von 3 bis 4% aufweist, ist sie nicht über den Berg", richtet sich Müller an die Adresse von UBS. Immerhin attestiert der Finanzexperte dem jetzigen Management der Grossbank, eine "beeindruckende Arbeit" geleistet zu haben. Was ihn aber nicht von der Forderung abhält, dass Boni und Dividenden erst wieder ausgeschüttet werden sollten, wenn die Grossbanken eine Eigenmittelschwelle von 10% erreicht hätten. Mit ausreichenden Eigenmitteln würden die Banken nämlich auch automatisch die geltenden Mindestanforderungen ans Kernkapital erfüllen, rechnet Müller vor. "Damit kann der Regulierungsaufwand deutlich gesenkt werden." Denn die ganze Diskussion sei nur nötig geworden, damit einige Grossbanken mit sehr wenig Eigenmitteln eine sehr hohe Rendite anstreben können. "UBS und CS werden auf diese Weise gegenüber anderen Banken bevorzugt." Bei der Kreditvergabe an Firmen verlangten die Banken schliesslich auch eine viel höhere Eigenkapitalquote, findet Müller.
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