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WDR Europa Forum 2009: Bundestagspräsident Norbert Lammert sieht angesichts der Wirtschaftskrise Renaissance des Staates - "Der Staat ist kein liebenswürdiger Anachronismus, die Politik ist zurück"

Berlin (ots)

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat beim
WDR Europa Forum in Berliln davor gewarnt, die derzeitige 
Wirtschafts- und Finanzkrise trotz aller derzeitigen Probleme 
künstlich zu dramatisieren. "Das ist weder die Zeit für 
Katastrophenrhetoriker noch für Paniker. Diese globale Krise lässt 
sich nur gemeinsam oder gar nicht lösen", meinte Lammert. Der 
Bundestagspräsident erinnerte daran, dass Europa in der Vergangenheit
mit wesentlich größeren Krisenphänomen fertig geworden sei, etwa mit 
der "größten Katastrophe unseres Kontinents", dem Zweiten Weltkrieg, 
der heute vor 64 Jahren endete.
Lammert sah im Zuge der aktuellen Krise eine Renaissance des 
Staates. "Dass Märkte sich nicht selbst erhalten können, haben wir 
gelernt. Der Staat, auf den jetzt wieder alle bauen, ist eben kein 
liebenswürdiger Anachronismus. Die Politik ist zurück." Niemand dürfe
jetzt jedoch den Staat für jedes denkbare Problem in Haftung nehmen. 
Dies sei weder sinnvoll, noch für die Staaten zu leisten. Der 
CDU-Politiker äußerte sich sehr zufrieden, dass sich Europa mit 
großer Solidarität den aktuellen Herausforderungen stelle. "Wo wären 
wir in dieser Krise, wenn es das verfasste Europa nicht geben würde?"
Vor einer Abschottung der europäischen Staaten warnte Hans-Gert 
Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments. "Protektionismus 
wäre in dieser Krise das Schlimmste. Mit Barrieren würde man dem 
Binnenmarkt sehr schaden", erklärte der Parlaments-Präsident. 
Pöttering zeigte sich zuversichtlich, dass der Lissabon-Vertrag trotz
der aktuellen Entwicklungen auch in Tschechien ratifiziert werde. 
"Ich vertraue darauf, dass man in Tschechien und den Nachbarstaaten 
die richtigen Antworten findet." Das Oberhaus des tschechischen 
Senats hatte den EU-Reformvertrag gebilligt, doch Präsident Vaclav 
Klaus verweigerte bislang seine Unterschrift.
WDR-Intendantin Monika Piel hatte zum Auftakt des WDR Europa 
Forums in Berlin darauf hingewiesen, dass die europäische Politik 
Antworten auf zahlreiche Fragestellungen geben müsse. So werde man in
Kürze nachzuweisen haben, ob sich die strengeren Regelungen zur 
Ordnung der internationalen Finanzmärkte auch in der Praxis umsetzen 
ließen. Auch in der Sicherheitspolitik müsse Europa, so Piel, Farbe 
bekennen. Zunächst gelte es, die Bitte des neuen amerikanischen 
Präsidenten nach Übernahme zusätzlicher militärischer Verantwortung 
in Afghanistan zu beantworten, in einem weiteren Schritt aber auch 
eine europäische Haltung zu formulieren, wonach die Sicherheit 
Europas auch von Entwicklungen fernab des Kontinents abhängt. Vor 
allem aber müsse die europäische Staatenfamilie den Bürgern Auskunft 
darüber geben, was man zu tun gedenke, um individuelle und 
gesellschaftliche Krisen - von der Arbeitslosigkeit des Einzelnen bis
zur Erosion des Sozialstaats - zu meistern. "Was leisten die EU und 
ihre Mitgliedstaaten, um ihre Bürger vor den bedrohlichen 
Auswirkungen der derzeitigen Veränderungs- und Anpassungsprozesse so 
gut es geht zu schützen?", stellte Piel die Leitfrage für das Europa 
Forum 2009 in Berlin.
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Annette Metzinger, WDR-Pressestelle, Telefon 030 227 928 11
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