Einzelhandel: Im Online-Marketing liegt Potenzial brach
Studie von McKinsey und Google: Multichannel-Unternehmen haben beim Kunden die Nase vorn
Düsseldorf (ots)
Die Größten der Branche sind online noch winzig: Nur durchschnittlich zwei Prozent ihrer Umsätze erzielen die Top 50 der deutschen Handelsunternehmen bislang im Internet. Bei kleineren Händlern liegt die Quote etwas höher, sodass insgesamt rund acht Prozent der Umsätze der 130 größten deutschen Einzelhändler aus dem Online-Geschäft stammen. Hier schlummert noch ungenutztes Potenzial. Das zeigt eine aktuelle Studie der internationalen Unternehmensberatung McKinsey & Company. In Kooperation mit dem Internetunternehmen Google hat McKinsey das Online-Marketing der 130 größten Händler untersucht. Grundlage der Analyse waren ausschließlich öffentlich zugängliche Daten. Diese wurden mit einem neuen Diagnosetool ("OMEX") zur Messung von Marketingleistungen im Web ausgewertet, anhand von 19 Kennzahlen. Sie bilden das Kundenverhalten auf dem Weg von der Erstinformation bis hin zu Entscheidung, Kauf und Loyalität ab.
Schon am Anfang des Kaufprozesses gilt: Online-Marketing lohnt sich für alle Händler, ob mit oder ohne Webshop. Denn zwei Drittel der deutschen Verbraucher informieren sich im Internet, bevor sie sich zu einem Online- oder Offline-Kauf entscheiden - über Suchmaschinen, Portale, Produkt- und Preisvergleichsseiten. Dabei rücken "Social Media" wie Facebook, Twitter oder YouTube immer mehr in den Fokus. Die OMEX-Auswertung des Faktors "Word of Mouth" (mündliche Empfehlung) belegt: Der Pro-Kopf-Umsatz von Unternehmen, die in sozialen Netzwerken überdurchschnittlich aktiv sind und dort positive Resonanz erfahren, liegt höher als der von Händlern, die diese Plattformen bislang aus ihren Marketing-Aktivitäten ausblenden - stellenweise sogar um 75 Prozent.
Über die verschiedenen Stadien des Kaufprozesses hinweg offenbart die Studie: Kunden zu gewinnen und an sich zu binden, gelingt denjenigen Unternehmen am besten, die on- wie offline aktiv sind. So ergab die Analyse beispielsweise, dass Kunden, die ein Produkt bei einem Multichannel-Anbieter erworben haben, loyaler sind als Kunden reiner Online-Händler oder stationärer Händler, die lediglich ein rudimentäres Online-Angebot ohne Shop-Funktion haben. Während die Multichannel-Händler hier 40 von 100 möglichen Indexpunkten erreichen, liegt der Schnitt der Online-Anbieter (ohne Amazon und Ebay) bei 35, der der stationären Händler bei 26 Punkten.
Was machen die erfolgreichen Multikanal-Händler besser? "Sie übertragen die klassischen Strategien des stationären Handels auf das neue Medium und setzen auch im Netz auf die goldenen Weisheiten des Handels ,Lage, Laden, Loyalität'", sagt Klaus Behrenbeck, Leiter des europäischen Konsumgüter- und Handelssektors von McKinsey: "Auf den Faktor ,Lage' bezogen heißt das zum Beispiel: Während offline eine 1A-Lage in der Innenstadt den Kundenverkehr garantiert, müssen Händler im Netz vor allem an den Stellen präsent sein, die hohe Klickraten erwarten lassen: oben auf den Suchergebnislisten und in den einschlägigen Foren." In puncto "Laden" sei ein rundum perfekt präsentierter Online-Shop zentrales Erfolgskriterium. Der Kundenservice wiederum werde in Online-Kundencentern, Newslettern und anderen Instrumenten in die digitale Welt übersetzt und fördere auf diese Weise die Loyalität.
Im Hinblick auf die Produktkategorien belegt die Untersuchung: Versand-, Elektronik- und Bekleidungshändler zeigen die stärkste Internetpräsenz, während der deutsche Lebensmitteleinzelhandel im Netz eher schwach vertreten ist. "Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinkt der deutsche Lebensmitteleinzelhandel im Internet weit hinterher", sagt Klaus Behrenbeck. Dies biete eine Chance im als gesättigt geltenden Lebensmittelmarkt: "Selbst wenn man in Betracht zieht, dass hierzulande die Filialdichte am höchsten ist und dass die Deutschen beim Lebensmitteleinkauf weniger online-affin sind als ihre europäischen Nachbarn, gilt: Hier hat der Handel noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft." Das verdeutlicht insbesondere der aus den einzelnen Kennziffern errechnete Gesamtwert für die Online-Marketing-Exzellenz eines Unternehmens. Bei den stärksten Unternehmen in den Bereichen Versandhandel, Unterhaltungselektronik und Kleidung liegt er bei mehr als 70 von 100 Indexpunkten. Die stärksten Lebensmittel-Händler dagegen erreichen weniger als 40 Punkte.
Mit dem McKinsey-Diagnose-Tool "OMEX" (für "Online Marketing Excellence") gewinnen Unternehmen detaillierte Einsichten in die eigenen Online-Fähigkeiten und Verbesserungspotenziale. Eine OMEX-Untersuchung ermöglicht individuelle Standortbestimmungen im direkten Vergleich mit den jeweiligen Wettbewerbern. Anders als herkömmliche Messverfahren, die sich zumeist auf Einzelinstrumente beschränken, verfolgt OMEX einen ganzheitlichen Ansatz: Vier Einzelauswertungen mit insgesamt 19 Kennzahlen ermitteln die Online-Marketingstärken und -schwächen der Unternehmen auf den verschiedenen Stufen des Kaufprozesses. Ursprünglich für den Handel entwickelt, ist das Tool auch auf andere Industrien übertragbar.
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