Eidg. Finanz Departement (EFD)
EFD: Bilaterale Verhandlungen Schweiz EU zur Betrugsbekämpfung - Signifikante Verbesserung der Zusammenarbeit möglich
Bern (ots)
18. Okt 2002 (EFD) Anlässlich der 8. Verhandlungsrunde im Bereich der Betrugsbekämpfung haben die Delegationen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz in Brüssel erstmals anhand eines konkreten Vertragsentwurfs diskutiert. Aus Schweizer Sicht erlaubt ihre Offerte gegenüber dem heutigen Zustand einen signifikanten Ausbau der Bekämpfung aller bedeutenden Abgabe- und Subventionsdelikte. Neu wäre der Vollzug von Zwangsmassnahmen nicht nur bei Abgabebetrug, sondern auch bei gewerbsmässigen Abgabedelikten (insbesondere Schmuggel) möglich. Uneinigkeit verbleibt bei der Frage, wie der Grundsatz der doppelten Strafbarkeit anzuwenden ist.
Die detaillierte Diskussion über konkrete Staatsvertragsentwürfe für die Kapitel Rechts- und Amtshilfe zeigte, dass die Schweizer Offerte der EU in zahlreichen wichtigen Punkten Verbesserungen gegenüber der heutigen Rechtslage bringt. Weil auch die Schweiz ein Interesse an der wirksamen Bekämpfung von Betrug und anderen Abgabedelikten hat, ist sie bereit, der EU weit entgegen zu kommen. Das Lösungskonzept der Schweiz läuft faktisch darauf hinaus, dass sie bereit wäre, den für die Rechtshilfe relevanten EU-Rechtsbestand zu übernehmen, falls darunter ausschliesslich Delikte fallen, die gemäss Schweizer Recht mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten bedroht sind. Damit wäre sichergestellt, dass die rechtshilfefähigen Delikte einen ausreichenden Unrechtsgehalt aufweisen und den schweizerischen Rechtsprinzipien (namentlich dem Grundsatz der doppelten Strafbarkeit) Rechnung tragen.
Bereitschaft zur Verankerung neuer Tatbestände
Um alle bedeutenden Abgabedelikte bei indirekten Steuern und Subventionen zu erfassen, wäre die Schweiz überdies bereit, über den Betrug hinaus im nationalen Recht neue rechtshilfefähige Straftatbestände bei den Verbrauchssteuern (Mehrwertsteuer, Tabaksteuer, Biersteuer) zu schaffen, sofern diese gewerbsmässig begangen werden. In solchen Fällen könnten künftig Zwangsmassnahmen zugunsten von EU-Staaten sowohl auf dem Weg der Rechts- als auch der Amtshilfe ergriffen werden. Damit würde eine weitgehende Verbesserung der Zusammenarbeit realisiert. Bislang ist in Steuerangelegenheiten nur der Abgabebetrug rechtshilfefähig. Darüber hinaus schlägt die Schweiz im Anwendungsbereich des Abkommens weitere Erleichterungen vor, so die Beitreibung von Abgaben, das Recht von EU-Ermittlern, bei Untersuchungen anwesend zu sein, sowie - unter bestimmten Bedingungen - die Auslieferung von ausländischen Tätern auch bei Fiskaldelikten. Ebenfalls vorgesehen wäre die Zusammenarbeit für bestimmte Formen der Geldwäscherei, wie sie im EU- Recht definiert ist.
Damit hat die Schweiz den Willen bekräftigt, der EU wesentliche Verbesserungen von grosser praktischer Auswirkung bei der Bekämpfung von Betrug und anderen Abgabedelikten sowie von weiteren Schädigungen ihrer finanziellen Interessen zu ermöglichen. Sie kommt der EU in einem während der Verhandlungsdauer fortlaufend ausgedehnten Problemkreis weitestgehend entgegen und setzt die Schranke einzig bei der Wahrung ihrer fundamentalen Rechtsprinzipien. Die von der EU nach wie vor angestrebte vollumfängliche Übernahme des Acquis Communautaire ist für die Schweiz nicht annehmbar.
Basis für den weiteren Verlauf der Verhandlungen bildet der konkrete Vertragsentwurf. Ein weiteres Treffen wurde vereinbart, es findet voraussichtlich im November 2002 in Bern statt.
Lösungskonzept der Schweiz in Kürze
-Über den Abgabebetrug hinaus soll neu auch die Bekämpfung aller bedeutenden Abgabe- und Subventionsdelikte signifikant verbessert werden.
- Bei den Verbrauchssteuern sind die Mehrwertsteuer und die Tabaksteuer für die Bekämpfung von gewerbsmässig und bandenmässig begangenen Delikten besonders relevant.
- Bei gewerbsmässig begangenen Delikten dieser Art wäre neu der Vollzug von Zwangsmassnahmen möglich, zum Beispiel Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme von Akten, Einfrieren von Bankkonten oder Zeugeneinvernahme.
- Damit eine Straftat nach Schweizer Recht rechtshilfefähig ist, müsste sie mit einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten bedroht sein, und zwar im ersuchten und im ersuchenden Staat. Dieses Rechtsprinzip der doppelten Strafbarkeit muss gewahrt bleiben.
- Unter den gleichen Voraussetzungen wie die Rechtshilfe (Strafandrohung von mindestens 6 Monaten) wäre die Schweiz bereit, Zwangsmassnahmen auch in der einfacheren Form von Amtshilfe zu vollziehen.
- Zur Erreichung des Vertragsziels wäre die Schweiz bereit, in diesem Sinn in ihrem nationalen Recht neue rechtshilfefähige Straftatbestände zu schaffen.
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