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Handelszeitung

Media Service: Heute in der Handelszeitung vom Mittwoch, 8. April 2009

Zürich (ots)

Klagelied in Konzerthäusern: Finanzkrise trifft
Tonhalle & Co.
Sponsoren und Privatpersonen, die in den letzten Jahren Kulturhäuser 
und Festivals grosszügig unterstützt haben, sind mehr denn je mit 
ihrer eigenen Existenz beschäftigt. Das zeigen Recherchen der 
"Handelszeitung". «Viele Stiftungen haben in der aktuellen Börsenlage
einen Vermögensverlust hinnehmen müssen», sagt Toni Krein, Leiter des
Corporate Kultursponsorings der Credit Suisse. «Deshalb ist in 
nächster Zeit mit einem Rückgang der privaten Kulturbeiträge zu 
rechnen.» Und weniger Geld bedeutet  auch weniger Konzerte. Die 
Tonhalle Zürich beispielsweise hat eine für Herbst geplante 
Amerika-Tournee seines Orchesters vorsorglich abgesagt. Während 
grosse Partner wie Mercedes und Credit Suisse ihre 
Tonhalle-Engagements aufrechterhalten, haben Julius Bär sowie 
kleinere Sponsoren ihre Aktivitäten zurückgeschraubt. Elmar 
Weingarten, Intendant des Tonhalle-Orchesters, hat noch Drastischeres
in der Pipeline: «Sparen kann man auch mit jüngeren, noch nicht so 
teuren Künstlern.» Was heisst, dass die Tonhalle ihre teuren 
Star-Engagements mit billigeren Jungkünstlern kompensiert, sollte 
sich die Finanzlage weiter verschlechtern. Michael Häfliger, 
Intendant des prestigeträchtigen Lucerne Festival, rechnet damit, 
dass sich eine Rezession vor allem 2010 stärker auswirken wird. «Im 
Ernstfall müsste tatsächlich darüber nachgedacht werden, die Zahl der
Veranstaltungen zu reduzieren», sagt Häfliger. Aufgrund der düsteren 
Prognose hat er verschiedene Krisenszenarios vorbereitet, die auch 
Sparmassnahmen bei Künstlern umfassen.
Exklusive Studie: Zahl der Konkurse steigt massiv an
Bei den Schweizer Firmen sinkt die Zahlungsmoral, die Konkurse nehmen
zu. Dies belegt die neuste Studie der Wirtschaftsauskunftei Dun & 
Bradstreet, die der "Handelszeitung" vorliegt. Das 1. Quartal 2009 
bedeutete in der Schweiz für 1192 Firmen das Aus. Das ist gegenüber 
der entsprechenden Vorjahresperiode eine Zunahme von 28%. Besonders 
erschrecke an dieser Entwicklung ist, dass sich die Negativspirale 
immer schneller dreht. Im März stieg die Zahl der Firmenkonkurse 
gegenüber dem Vorjahr gar um 44% an. «Einen derart rasanten Anstieg 
gab es letztmals im September 2002, nach dem Platzen der 
Dotcom-Blase», erinnert sich Macario Juan, Managing Director von Dun 
& Bradstreet (D&B) Schweiz. Auch das Zahlungsverhalten, ein 
zuverlässiger Indikator der Liquidität und folglich dessen, was 
später an der Pleitefront passiert, verschlechtert sich in schnellem 
Tempo. Mittlerweile begleichen die Firmen ihre Rechnungen mit 22 
Tagen Verspätung. 2007 lag der Zahlungsverzug noch bei knapp 12 
Tagen, um im 1. Halbjahr 2008 auf 15 und bis Dezember 2008 auf 19 
Tage anzusteigen.
OC Oerlikon: Ruag muss Übernahme von Oerlikon-Raumfahrttochter 
prüfen
Der finanziell lädierte Technologiekonzern OC Oerlikon will sein 
Raumfahrtgeschäft verkaufen. Oerlikon-Kreise bestätigen, dass die 
Konzern-Tochter Oerlikon Space am Markt angeboten wird. In Bern 
sorgen die jüngsten Entwicklungen für Aufregung, das zeigen 
Recherchen der "Handelszeitung": Der Verkauf von Oerlikon Space  ins 
Ausland könnte der Schweizer Weltraumindustrie nämlich einen 
empfindlichen Schlag versetzen. Schliesslich fördert der Bund die 
hiesige Weltraumindustrie indirekt mit Steuergeldern, etwa über 
Beiträge an die Europäische Weltraumorganisation, die wiederum 
Aufträge an Hersteller wie Oerlikon Space erteilt. Wird die 
Oerlikon-Tochter samt Produktionsstätten ins Ausland abgezogen, 
profitieren hernach Dritte von den finanziellen Anstrengungen des 
Bundes. Um den Schweizer Raumfahrtstandort vor ausländischen 
Zugriffen zu schützen, soll jetzt der bundeseigene Ruag-Konzern eine 
Übernahme prüfen. «Ruag kommt nicht darum herum, den Kauf von 
Oerlikon Space zu prüfen», bestätigen mit der Angelegenheit vertraute
Personen, die nicht namentlich genannt werden wollen.
Mergers&Acquisitions: Ein Drittel weniger Firmenübernahmen und 
Fusionen
Das Geschäft mit Mergers & Acquisitions (M&A) ist im 1. Quartal 2009 
eingebrochen. Verglichen mit dem Vorjahresquartal ist die Zahl der 
Transaktionen mit Schweizer Beteiligung um 35% zurückgegangen, von 
174 auf 113. Im gleichen Umfang hat sich das Transaktionsvolumen 
verringert, von 6,2 Mrd Fr. auf knapp 4 Mrd Fr. (-35,8%). Dies geht 
aus einer exklusiv für die «Handelszeitung» zusammengestellten 
Übersicht hervor.
Adecco-Chef Dieter Scheiff: Bis 2011 erhält er über 4 Millionen 
Franken
Obwohl der Adecco-CEO Dieter Scheiff das Unternehmen Ende Monat 
verlässt, muss ihm Adecco bis Ende Juni 2011 den vollen Lohn 
weiterbezahlen. Das haben Recherchen der "Handelszeitung" ergeben. Am
Ende sind dies mehr als 4 Mio Fr. für die Jahre 2009, 2010 und 2011. 
Der Vertrag geht auf die Übernahme der deutschen 
Fachkräftevermittlerin DIS zurück, welche Adecco samt DIS-CEO Dieter 
Scheiff übernommen hatte.
Post durchleuchtet Angestellte: Gesundheits-Befragung ist ein 
heikler Sonderfall
Mittels Fragebogen führt die Postmail bei bestehenden Beschäftigten 
einen Gesundheits-Check durch. Die Gewerkschaft Kommunikation lässt 
derzeit abklären, ob das Vorgehen der Post überhaupt rechtens ist, 
wie Fritz Schenk bestätigt. So delikat ist das Thema, dass sich die 
allermeisten Unternehmen nicht daran die Finger verbrennen wollen. 
Recherchen der «Handelszeitung» bestätigen: Weder ABB, noch Coop, 
CSS, Helsana, Migros, Novartis, SBB, Swisscom oder UBS führen bei 
bestehenden Mitarbeitern solche Gesundheitsbefragungen durch. 
Gesundheitliche Abklärungen sind in gewissen Firmen lediglich im 
Zusammenhang mit der Sicherheit und der Eignung für eine bestimmte 
Tätigkeit üblich. Die Post hingegen lässt sich nicht beeindrucken und
sieht sich in einer Pionierrolle: «Die Idee ist die Früherkennung von
gesundheitlichen Problemen», verteidigt Sprecher Oliver Flüeler das 
Vorgehen. Er spricht von einer «Pionierrolle» der Post und glaubt, 
dass andere Firmen ihrem Beispiel folgen werden.
Swisscanto-CEO Gérard Fischer: "Ergebnisse werden tiefer 
ausfallen"
Die CEO der Swisscanto-Gruppe rechnet mit einem schwierigeren Umfeld 
für die Fondsbranche und einem schwächeren Jahresergebnis. "In diesem
Geschäftsjahr werden die Resultate sicher tiefer ausfallen als im 
Rekordjahr 2007/2008", sagt Gérard Fischer im Interview mit der 
"Handelszeitung". Aber auch wenn man in diesem Jahr 20% weniger 
verdiene, sei es noch nicht dramatisch. Ein Sparprogramm ist bereits 
eingeleitet. "Wir überprüfen Prozesse und stellen Dinge zurück, die 
nicht so wichtig sind." Ein Personalabbau ist aber kein Thema. "Wir 
sind zurückhaltender beim Einstellen und wägen bei jeder Vakanz ab, 
ob die Besetzung absolut notwendig ist oder nicht." Ein neuer 
Verwaltungsratspräsident als Nachfolger für Christopher Preston werde
sicher bis Ende Jahr bestimmt sein.
Mobiliar-CEO Urs Berger: "Die Prämiensätze bleiben unter Druck".
Aufgrund einer strikten Kostenreduktion und erhöhte Prämieneinnahmen 
erwartet der CEO des Versicherers Mobiliar ein sehr gutes Ergebnis 
für 2008, wie er im Interview mit der "Handelszeitung" erklärt. 
Allerdings hat die Zuspitzung der Finanzmärkte die Genossenschaft 
nicht verschont. "Auch wir müssen Abschreibungen vornehmen, auch auf 
langfristigen Anlagen", sagt der CEO. Langfristig werde aber auch das
operative Geschäft zunehmend leiden, so Berger. So führt die Krise 
vor allem in der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung und in der 
Personenversicherung zu höheren Leistungszahlungen. Besonders in der 
Personenversicherung erwartet der Mobiliar-CEO steigende Prämien. 
"Ansonsten werden die Prämiensätze weiterhin unter Druck bleiben", so
Berger.
Sönke Bandixen, CEO Orell Füssli: "Buchmarkt hat eine eher 
rückläufige Tendenz"
Der Chef der Orell Füssli Gruppe, die in den Bereichen 
Sicherheitstechnik, Sicherheitsdruck, dem Buchhandel und 
Verlagsgeschäft 2008 einen Umsatz von 367,2 Mio Fr. erzielte, rechnet
mit schrumpfenden Einnahmen aus dem Buchverkauf. Der Markt von heute 
rund 1 Mrd Fr. werde in den kommenden fünf Jahren zurückgehen: "Ich 
rechne mit einem moderaten Rückgang im einstelligen Prozentbereich", 
sagt er im Interview mit der "Handelszeitung". Für 2009 gehe er von 
einem weiterhin rezessiven Umfeld aus. "Im Investitionsgütergeschäft 
sind wir den momentan drastischen Verwerfungen der globalisierten 
Märkte voll ausgesetzt und haben in einem Werk in Deutschland 
teilweise Kurzarbeit eingeführt", so Bandixen. "Besser geht es der 
Division Sicherheitsdruck, die konjunkturunabhängig arbeitet und 
momentan so etwas wie unser Fels in der Brandung ist. Auch der 
Buchhandel und der Verlag spüren die Rezession nicht mit voller 
Härte. Alles in allem sind wir gut aufgestellt." Bandixen stellt in 
Abrede, dass die Division Sicherheitsdruck von der Einführung des 
biometrischen Passes profitieren würde: "Für uns ist kein 
Zusatzauftrag in Aussicht, wenn der biometrische Pass eingeführt 
wird. Wir sind als langjähriger Partner des Bundes Lieferant der 
gedruckten Seiten des Schweizer Passes, unabhängig davon, ob im 
Deckel ein Chip eingebaut ist oder nicht. Wir haben die Anstrengungen
der Ja-Kampagne zur Versachlichung der Diskussion um den 
biometrischen Pass begrüsst und auch unterstützt."
Valora: Kritiker können keinen strategischen Wandel erkennen
Financier Adriano Agosti drängte bei der Kioskbetreiberin Valora nach
dem von ihm eingeleiteten Führungswechsel 2007 auf rasche operative 
Fortschritte. Doch Kritiker bemängeln jetzt gegenüber der 
"Handelszeitung", dass sich bei Valora bisher wenig geändert habe. 
Valora-Grossinvestor Franz Gyger, der Agosti beim Sturz der alten 
Führung unterstützt hatte, erkennt keinen echten Neuanfang. «Valora 
steht noch gleich da wie im Herbst 2007.» Die neue Führung habe 
versprochen, die über 1000 Kioskstellen zu dynamisieren. «Aber die 
sehen immer noch praktisch gleich aus wie damals», urteilt Gyger. Von
strategischem Wandel kann laut ZKB-Analyst Marco Strittmatter keine 
Rede sein. «So schnell, wie sich das Agosti gedacht hat, lässt sich 
bei Valora die Rendite nicht steigern», sagt Strittmatter. «Schon das
alte Management hatte von 4% Betriebsgewinn gesprochen und sich daran
die Zähne ausgebissen. Und jetzt hören wir die gleiche Zielvorgabe 
wieder.» Agosti verteidigt die Valora-Führungscrew gegenüber der 
"Handelszeitung". «Meiner Meinung nach ist ein erstklassiger Start 
gelungen: Es ist beeindruckend, wie schnell eine neue strategische 
Ausrichtung und die dafür nötigen Schlüsselleute im Management 
gefunden wurden», betont er.
1. Quartal 2009: Das Enttäuschungspotenzial ist begrenzt
"Die Aussichten könnten schlimmer sein", sagt Christian Gattiker, 
Head of Research bei der Bank Julius Bär, anlässlich der 
Gewinnerwartungen für das 1. Quartal. Zwar gehen die meisten 
Marktteilnehmer von rückläufigen Gewinnen aus. Viele schlechte 
Nachrichten sind jedoch bereits in die Aktien eingepreist. Positiv 
überraschen könnten gemäss den von der "Handelszeitung" befragten 
Analysten einzelne Finanzwerte sowie Nahrungsmittel und 
Gesundheitswesen.
Informationsflut: So bewältigen Sie den täglichen Wahnsinn
Was täglich an Informationen über uns hereinbricht, frisst 
Arbeitszeit und lässt das Gehirn heiss laufen. Haben wir keine Zeit, 
die Informationen zu verarbeiten, geraten wir in Stress. Wer mehr 
aufnehmen will, muss auf die visuellen Gehirnfunktionen umschalten - 
sie nehmen schneller und umfassender wahr. Weitere Strategien gegen 
Datenberge: Reduzieren, Filtern, Redundanzen eliminieren. Auch 
computergestütztes Dokumentenmanagement kann helfen, der 
Informationsflut Herr zu werden.
Marketingfallstudie: Wie sich der Luxus neu erfindet
Die Krise ist im Luxussegment angekommen. Die Printmedien spüren 
prompt, dass in den Werbeabteilungen der Luxusgüterproduzenten die 
Gürtel enger geschnallt werden. Doppelt hart ist dies, weil die 
Luxusmarken im letzten Jahr zu den wenigen zuverlässigen 
Inseratekunden gehörten. Können es sich die Produzenten von Kaviar, 
Lachs, Champagner und Handtaschen aber überhaupt leisten, auf Werbung
zu verzichten? Der Werbeindustrie fällt es verständlicherweise nicht 
schwer, Argumente zu finden, weshalb die Werbeaktivitäten im Moment 
nicht reduziert, sondern im Gegenteil verstärkt werden sollten. 
Schliesslich wird eher wahrgenommen, wer auf weiter Flur allein 
wirbt. Geht es um Prestigeprodukte, ist die Frage aber legitim, ob 
«mehr vom Gleichen» die richtige Strategie ist. Gibt es doch 
Anzeichen dafür, dass nicht unbedingt die Wirtschaftskrise das 
Luxussegment erreicht hat, sondern dass die Krise dort schon länger 
angekommen ist - die Identitätskrise. Fest steht: Materieller Luxus 
allein befriedigt nicht. Und: Der westliche Luxus versucht sich 
gerade neu zu definieren.

Kontakt:

Nähre Auskunft erteilt Ihnen gerne Herr Martin Spieler,
Chefredaktor "Handelszeitung" Zürich. Tel. 043 444 59 00.

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